Bei seismischen Untersuchungen im kanadischen Alberta machte ein Forscherteam der Concordia University of Edmonton schon im Jahre 2011 eine erstaunliche Entdeckung. Durch geologische Prozesse hebt sich dort eine Steinwand bereits seit vielen Jahrmillionen langsam empor und bildet nun einen Winkel von fast 45°, wobei sie durch Erosion an einem Flussbett immer weiter aufgeschlossen wurde. Um nach den wochenlangen Regenfällen in der letzten Zeit einen möglichen Abrutsch der Wand zu untersuchen, wurde sie von Statikern und Geologen eingehend untersucht, da sie sich direkt über einem beliebten Wanderweg befindet. Dabei stießen die Forscher auf auffällig regelmäßig angeordnete rechteckige Strukturen im Gestein, die zunächst bloß als geologische Anomalien galten.
Schicht für Schicht liegen dort verschiedene Steintypen, darunter Basalte, Granite und vor allem Gneise perfekt übereinander gestapelt im Sediment eingebettet. Solche Strukturen können aber nicht durch natürliche Kongregationen oder Ablagerungen entstanden sein, insbesondere, weil diese Steine durch völlig unterschiedliche geologische Prozesse entstehen. Die rechteckigen Kammern wurden offenbar mit Absicht angelegt. Die größte hat eine Fläche von 36 Quadratmetern, die kleinste Kammer misst bloß 11 Quadratmeter. Jeweils zu einer Seite bleiben sind die Kammern offen, allerdings mit einem etwa 1,5 Meter hohen Absturz vor der Öffnung. An der hinteren Wand entlang verläuft ein einfaches Drainagesystem, durch das Wasser laufen konnte.

Imposante Kammerstruktur – doch wer hat sie angelegt?
„Die Kammern ähneln frühen Gebäudestrukturen, wie sie archäologisch von den ältesten bekannten Siedlungen in Jericho, von den Sumerern oder auch aus Göbekli Tepe bekannt sind“, erklärt Dr. Avril Foolsday, die Leiterin der Untersuchung. „Doch sie sind deutlich einfacher. Das überraschende ist jedoch, dass sie definitiv fossil sind – also lange vor den ersten Menschen entstanden sein müssen.“
Und zwar sehr lange: Geologisch hat die Felswand ein Alter von rund 76 Millionen Jahren und stammt somit aus dem Campanium, einem Zeitabschnitt der oberen Kreidezeit. Sie bildet einen Teil der Dinosaur Park Formation. Zum Vergleich: der moderne Homo sapiens entwickelte sich erst vor 0,3 Millionen Jahren. Und seine ältesten bekannten Bauwerke sind höchstens 12.000 Jahre alt.

Dinosaurier als Urheber?
Bereits seit über 150 Jahren finden in der Dinosaur Park Formation regelmäßig paläontologische Ausgrabungen statt, wobei einige berühmte Dinosaurier wie der Entenschnabelsaurier Parasaurolophus, der Hornsaurier Styracosaurus oder Fleischfresser wie Gorgosaurus und Daspletosaurus entdeckt wurden. Bei ersten Probeentnahmen, wobei einige der noch intakten Steine vorsichtig aus dem Sediment gelöst wurden, kamen in den Fugen einige Dinosaurierzähne zum Vorschein, die von Fachleuten einem noch nicht ganz ausgewachsenen Daspletosaurus zugeordnet wurden, eines Verwandten und möglichen Vorfahren des berühmten Tyrannosaurus rex.

In allen drei Kammern, die bislang untersucht wurden, fanden Forscher die Fragmente von fossilen Eierschalen, Kohleablagerungen, übereinander liegende, stark verwischte Ichnofossilien (fossile Fußspuren) und Koprolithen, also versteinerten Kot. In der größten Kammer fehlen derartige Funde, dort wurden allerdings mehrere versteinerte Knochen gefunden, die inzwischen verschiedenen pflanzenfressenden Dinosauriern zugeordnet wurden. Teils stammen sie von Pachycephalosauriern (wahrscheinlich Stegoceras), teils von dem kleineren Ceratopsier Unescoceratops. Was besonders verblüffte: Die Knochen lagen sortiert nach Körperteilen. Schädel neben Schädel, Wirbelreihen neben Wirbelreihen, Langknochen neben Langknochen.

Möglicher Zweck der Anlage
„Das ist kein natürlicher Fund. Hier hat jemand Ordnung gehalten“, so Dr. Ivan A. Pranku von der Universität Edinburgh, der seit 2018 an der Fundstelle arbeitet. Seine Interpretation: „Das ist vielleicht der erste greifbare Hinweis darauf, dass manche Theropoden tatsächlich so intelligent waren, wie es viele Kollegen bereits seit langem vermuten. Daspletosaurus war offenbar imstande, einfache Pferche anzulegen. Die wurden dann von anderen Dinosauriern gern als Bruthöhle angenommen. Dort saßen die Dinos dann aber in der Falle.“

Prankus Kollegin Dr. Foolsday schlägt eine andere Erklärung vor: „Vielleicht haben die Raubsaurier auch Eier von den Pflanzenfressern gestohlen und sie in den Kammern dann selbst ausgebrütet. Wie beim Kuckuck, nur eben umgekehrt. Sicher ist: sie haben eine Art Viehzucht betrieben, die Pflanzenfresser mit Narbung und Wasser versorgt, bis sie groß genug waren, und sie anschließend gefressen.“
Fund bestätigt jüngste Hypothesen über Theropoden-Verhalten
Isotopenanalysen haben bereits bestätigt, dass die Jungtiere großer Theropoden andere Nahrungsquellen bevorzugten als ihre ausgewachsenen Artgenossen. Doch während die Jungtiere selber in den Wäldern nach Nahrung jagten, legten die Teenager schließlich einen Verhaltenswechsel an den Tag und wurden als Erwachsene entweder zu Fallenstellern oder sogar Viehzüchtern.
„Vielleicht müssen wir das Anthropozän völlig neu definieren“, sagt Dr. Pranku. „Offenbar sind wir nur die Nachfolger einer Zivilisation von Theropoden, die bereits lange vor uns andere Tiere zu Nutzzwecken hielt.“

Quelle: Journal of Prehistoric Agribusiness, Ausgabe vom 1. April 2025.
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