Die belgische Kleinstadt Bernissart in der Provinz Hennegau ist weltweit bei Paläontologen und Dinofans als einer der beeindruckendsten Fundorte für Dinosaurier bekannt. Dort wurden rund dreißig Skelette des großen Vegelbecken-Dinosauriers Iguanodon entdeckt, von denen einige vollständig und sehr gut erhalten sind. Das in Bernissart ansässige Besucherinformationszentrum unterhält im gleichen Gebäude ein kleines, aber sehr schönes Museum, in welchem die beindruckendste paläontologische Entdeckung Belgiens sehr schön und für Besucher aus allen Altersgruppen aufgearbeitet ist.
Die Entdeckung der Iguanodon-Herde
Im April 1878 machten Bergleute der Grube Sainte-Barbe in Bernissart in einer Lehmtasche eine spektakuläre Entdeckung: Gold! Riesige, baumstammartige Gebilde mit hoffnungsvollem Glanz wurden an die Oberfläche befördert, während wahrscheinlich schon so mancher im Bergwerk daran glaubte, dass diese Entdeckung sie wohl alle reich machen würde. Doch als die Gebilde später analysiert wurden, stellte sich schnell Ernüchterung, als auch gleich eine neue Faszination ein. Obwohl es sich bei dem „Gold“ um wertloses Pyrit (Katzengold) handelte, waren die „Baumstämme“ tatsächlich die Knochen von riesigen Dinosauriern. Zu jener Zeit erfreuten sich diese Urzeitwesen bereits großer Beliebtheit, nachdem die ersten Dinosaurier etwas mehr als 50 Jahre vorher in England beschrieben und an mehreren Stellen in Europa ebenfalls gigantissche Urzeitechsen entdeckt worden waren. Auch in den USA tobten zu genau dieser Zeit die „Bone Wars“, eine erbitterte Fehde zweier Wissenschaftler, die den jeweils anderen mit ihren Entdeckungen stets zu übertrumpfen versuchten.
Die Minenleitung von Bernissart informierte nach der Entdeckung das Naturkundemuseum in Belgien, was zu jener Zeit ausgesprochen ungewöhnlich war. Das Museum nahm nun eine umfassende paläontologische Ausgrabung in der Mine vor. Insgesamt wurden unter der technischen Leitung von Louis de Pauw etwa dreißig vollständige Iguanodon-Skelette, mehrere Knochen unvollständiger Skelette und fossile Pflanzen, insgesamt einige Dutzend Tonnen Material, mit enormen Schwierigkeiten aus bis zu 322 Metern Tiefe geborgen. Die Dinosaurier-Skelette wurden später von Louis Dollo rekonstruiert. Seine Restaurierung und das Aufstellen der Skelette in der Kapelle Saint-Georges nahe der Place Royale in Brüssel erwiesen sich als ebenso heikel wie die Bergung, da die Knochen vom sogenannten „Pyritfraß“ befallen waren und intensive Pflege benötigten. Spezielle Behandlungen wurden am Königlichen Institut für Naturwissenschaften entwickelt.
Die Iguanodon-Ausstellung in Brüssel und Bernissart
Die Skelette wurden schließlich in einer großen Vitrine mit kontrollierter Luftfeuchtigkeit und Temperatur im Naturkundemuseum von Belgien ausgestellt, wo sie auch heute noch vor dem Verfall bewahrt werden. Die langsamen Arbeiten an der Rekonstruktion des Knochengerüsts durch Handwerker ermöglichten bedeutende anatomische und biologische Fortschritte, wie sie besonders in den Beschreibungen von Louis Dollo dokumentiert sind. Dollo konnte erstmals stichhaltig belegen, dass einige Dinosaurier auf zwei Beinen liefen (was bei Iguanodon später allerdings ironischerweise revidiert wurde). Die große Anzahl vollständiger Exemplare lässt sich entweder durch eine panische Flucht der Tiere und ein rasches Stürzen erklären. Möglicherweise geschah der Tod der vielen Tiere aber auch nicht genau gleichzeitig, sondern durch eine langsame Ansammlung von Individuen in einer natürlichen Falle, wo die Tiere steckenblieben.
In beiden Museen, sowohl in Brüssel als auch in Bernissart, wird Iguanodon nach wie vor in der Känguru-Position von Louis Dollo gezeigt, die heute als veraltet gilt. Die Vorderbeine des Tieres ähneln hierbei menschlichen Händen, und an seinem Skelett kann man deutlich die Fingerknochen und Gelenke erkennen. Sie ragen bis zu 6 Meter in die Höhe. Das Iguanodon-Museum in Bernissart besitzt allerdings kein eigenes Skelett des Iguanodon bernissartensis. Das dort ausgestellte Original ist eine Dauerleihgabe des Naturkundemuseums in Brüssel. Die Grube Sainte-Barbe, in der die Fossilien entdeckt wurden, ist vollständig zerstört, und an ihrer Stelle befindet sich heute nur noch eine Gedenkplatte, die den Schacht abdeckt. Die Iguanodon-Ausstellung in Bernissart bietet sowohl Einblicke in die spannende Entdeckungsgeschichte der Iguanodon-Herde als auch interessante Informationen über das Leben dieser Dinosaurier und ihre Welt vor 125 Millionen Jahren.
Weitere Exponate
Auch viele weitere Aspekte der Erdgeschichte werden im Museum behandelt. So sind dort viele Originalfossilien von anderen bekannten Lagerstätten, aber auch Nachbildungen und Abgüsse berühmter Fossilien ausgestellt. Ammoniten, Belemniten und Reptilien illustrieren zum Beispiel die Meereswelt des Mesozoikums. Auch einige Fossilien von Theropoden (Raubsauriern) sind in der Iguanodon-Halle zu bestaunen.
Museumsinfos:
Regionalgeschichte, Dinosaurier (Iguanodon), Naturgeschichte, Fossilien, Paläontologie und ihre Geschichte. |
Mittelmäßig. Das Museum bietet etwa 300 Quadratmeter Ausstellungsfläche. |
Angemessen! Der Eintritt kostet pro Person 4,-€. |
Zeitsparend. 1 – 3 Stunden |
Gut. Das Museum hat ein eigenes Café mit Snack- und Getränkeautomaten und mehreren Sitzgelegenheiten. |
Ein Kinderparadies! Sowohl im Museum gibt es einen Spielbereich, der thematisch natürlich auch ans Iguanodon angelehnt ist. Draußen gibt es auch einen großen Spielplatz. Im Museum können Kinder auch ihren Geburtstag feiern. |
Gut! Bernissart ist durch mehrere Buslinien an andere Städte in Belgien, wie Ath oder Mons angebunden, ein Bus hält auch nur wenige Minuten vom Museum entfernt. Vor dem Museum gibt es nur wenige Parkplätze, allerdings kann man auch an der Kirche direkt dahinter kostenlos parken. |
Hervorragend! Das Museum ist ebenerdig und in allen Bereichen barrierefrei eingerichtet. |
Mittelmäßig. Die Ausstellung ist beinahe ausschließlich mit Erklärtafeln in französischer Sprache gehalten. Der Kurzfilm zur Entdeckungsgeschichte hat immerhin englische Untertitel. Trotzdem könnte in Sachen Mehrsprachigkeit noch deutlich nachgebessert werden. |
Gut! Auch wenn die Iguanodon-Skelette aus wissenschaftlicher Sicht nicht mehr aktuell sind, so haben sie dennoch einen nostalgischen und natürlich wissenschaftsgeschichtlichen Lernwert. Die vermittelten Informationen über die Dinosaurier sind weitestgehend korrekt und bestehen die Expertenprüfung! |
Gut! Das Musée de l’Iguanodon Bernissart ist ein kleines, aber feines Urzeitmuseum mit dem Themenschwerpunkt Iguanodon. Wenn man ohnehin in Belgien unterwegs ist, lohnt sich ein Besuch allemal. Nicht nur Urzeit-Fans wird hier einiges Wissenswertes geboten, sondern auch geschichtlich interessierte Besucher und besonders Kinder können hier eine schöne Zeit verbringen. Es lohnt sich auch der Blick in den Souvenier-Shop. Bernissart bietet sogar ein selbstgebrautes Iguanodon-Bier an! |
Achtung: Bei allen Angaben, einschließlich der Sterne-Bewertung, handelt es sich um meine persönliche Einschätzung zum Zeitpunkt meines letzten Besuchs in dem jeweiligen Museum. Diese soll lediglich als Entscheidungshilfe dienen, aber ist keineswegs als Werbung oder Anti-Werbung zu verstehen!
Seit meinem letzten Besuch am 18.08.2024 kann sich im Museum natürlich eine Menge geändert haben. Verlasse dich also bitte nicht allein auf meine Eindrücke, die auch schon einige Jahre her sein können, wenn du deinen eigenen Ausflug planst. Besuche deshalb bitte immer vorher auch die verlinkten Homepages der Betreiber, um aktuelle Informationen zu erhalten!
Musée de l’IguanodonRue Lotard 14 7320 Bernissart Belgien |
Wie kommst du dorthin?
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