Es ist endlich soweit! Der zweite Teil meines Urzeit-Romans „Die Weißen Steine – Blut der Sonne“ ist ab sofort bei Amazon erhältlich.
Und nun geht es endlich weiter in der Welt von Hell Creek! Beim neuen Verlag EK-2 Publishing ist nun der zweite Teil meiner Urzeit-Romanreihe erschienen. Ein Lichtblitz hat die Schüler der Klasse 10b und US-Captain John Colemann 66 Millionen Jahre in die Vergangenheit katapultiert. Jetzt geht der Kampf ums Überleben in die zweite Runde. Was aus ihnen wird, und welche Geheimnisse in der Urzeit auf sie alle warten, kannst du nun endlich weiterlesen!
Inhaltsangabe
John und die Schüler harren bereits seit mehreren Wochen in der Urzeit aus. Die tägliche Nahrungssuche, das Abwehren von Dinosauriern und die Einrichtung in ihrem neuen Zuhause sind zum Alltag geworden. Doch die Idylle ist trügerisch und beginnt rasch zu bröckeln. Ohne jede medizinische Versorgung können selbst scheinbar harmlose Verletzungen zu einer lebensbedrohlichen Infektion führen. Und dann beginnt das Wertesystem zu erodieren, das die Schüler aus ihrem alten Leben mitgebracht haben. Die Gruppe droht im Streit auseinanderzubrechen; einige verteidigen die Regeln und Normen, die sie aus der Zivilisation kennen. Andere wollen mit allen Mitteln das Recht des Stärkeren durchsetzen. Die wenigen Menschen entzweien sich in einer bitteren Fehde, die schließlich ein erstes Todesopfer fordert.
Dann aber machen einige der Schüler und John eine unglaubliche Entdeckung am Strand. Eine Entdeckung, die alles, was sie bisher über die Kreidezeit zu wissen geglaubt haben, infrage stellt…
Doch nicht nur die innere Zersetzung in der Gruppe macht den Schülern in der Kreidezeit das Leben schwer. Die größte Bedrohung sind allerdings nicht etwa Dinosaurier. Hunger, körperliche Anstrengungen und Unwetter treiben alle bis an den äußersten Rand der Auszehrung. Doch das ist alles nichts im Vergleich zu der geballten Kraft aus dem Inneren der Erde. Diese entlädt sich plötzlich mit unvorstellbarer Gewalt. Welche Hoffnung bleibt da noch, dass es eines Tages besser wird? Und wie soll es überhaupt weitergehen?
Timeline – Zeitlinie zu Die Weißen Steine
Auf Wunsch einiger meiner Leser, die meine Romane bereits vor einiger Zeit gelesen haben und etwas den Überblick über die Geschehnisse verloren haben, findest du hier auch eine Zeitlinie zu meiner Romanreihe Die weißen Steine. In diesem Beitrag wird die Handlung beider Bücher paraphrasiert, also kurz und knapp zusammengefasst. Dies soll aber nicht im Stil einer (langweiligen) Inhaltsangabe erfolgen, sondern in Form einer nach Tagen geordneten Timeline. Hier erfährst du, was John und den Schülern der 10b auf ihrer unfreiwilligen Reise Tag für Tag passiert ist. Viel Spaß beim Schmökern! |
Hier nun eine Leseprobe aus dem Buch:
Gotteshaus
Fassungslos starrte Mike an der Fassade empor, die sich ihm im zuckenden Licht eines Blitzes ein weiteres Mal offenbarte. Das massige Gemäuer bestand augenscheinlich aus Stein oder Ziegeln und war über und über mit Kletterpflanzen bewachsen. Eine aberwitzige Hoffnung beschlich ihn, die er selbst kaum glauben konnte, aber es doch so gerne wollte.
Hat der ganze Spuk nun endlich ein Ende? Habe ich tatsächlich einen Weg zurück nach Hause gefunden?
»HALLO! HALLO! IST DA JEMAND?«, rief Mike immer wieder aus Leibeskräften, doch nur der Donner gab ihm dröhnend Antwort. Er zitterte, einerseits vor der Kälte, die immer tiefer in ihn hineinkroch, andererseits vor Aufregung.
Irgendjemand muss doch hier sein!
Als er um das Gebäude herumlief, mischte sich eine beklemmende Ernüchterung unter seine gerade gewonnene Hoffnung. Die Fenster des Hauses starrten ihn wie die offenen Höhlen eines blanken Totenschädels an. Kein Licht brannte darin, nicht einmal eine Scheibe schirmte das Innere der Gebäude vor der Witterung ab. Auf der einen Seite war ein Teil der Fassade bereits komplett in sich zusammengefallen, die andere Seite stand wohl kurz davor. Das Dach fehlte und war ins Innere gestürzt, wo es einen kleinen Berg aus Schutt gebildet hatte. Mitten im Gebäude wuchs ein Baumfarn und etwas weiter hinten war die bröcklige Wand von einem dornigen Strauch bewachsen.
Wieder erhellte ein Blitz die Umgebung und Mike bemerkte, dass dieses Haus nicht das einzige Gebäude war. Im Umkreis von vielleicht etwas mehr als zweihundert Meter standen die Überreste weiterer Gebäude. Eines davon sah auf den ersten Blick wie eine Kirche aus, obwohl der Turm fehlte. Es war das am besten erhaltene Gebäude und bestand aus festem Stein. Die Ziegel und das Fachwerk der anderen Häuser sahen aus, als hätte der Zahn von Jahrzehnten, ja vielleicht sogar von Jahrhunderten an ihnen genagt. Mit Ausnahme der Kirche besaß keines der Gebäude mehr ein Dach, stattdessen wuchsen meterhohe Bäume aus ihnen empor. Die Kletterpflanzen rankten wie dutzende grüne Schlangen an den noch intakten Wänden hinauf und schienen sie mit der Kraft der Natur zu erwürgen. Der Boden zwischen den Häusern war mit einer Schicht aus Moos bewachsen und erst nach einigen Schritten bemerkte Mike, dass darunter ein fester Belag aus Kopfsteinpflaster lag.
Er näherte sich vorsichtig der Kirche und stemmte sich mit aller Kraft gegen das feste Tor. Das völlig verrostete Scharnier löste sich, dann gab auch die morsche Holztür endlich nach und, nachdem sie mit einem lauten Poltern ins Innere gestürzt war, gab sie den Blick in den Raum dahinter frei. Mike trat fröstelnd ein und sah, dass es gar nicht nötig gewesen war, das Tor zu öffnen, denn der hintere Teil der Kirche, wo sich einst der Altar befunden haben musste, war vollkommen verschwunden. Ja, das Gebäude selbst schien deutlich zu kurz geraten und ein Teil von ihm irgendwie abgeschnitten worden zu sein.
Mike vermutete erst, dass ein Teil der Kirche bereits völlig in sich zusammengefallen war, doch anders als bei den anderen Gebäuden lagen hier keine Trümmer. Dennoch war der vordere Teil der Kirche der einzige Bereich in den Ruinen, wo das Dach noch so weit intakt war, dass er im Inneren nicht nass wurde.
Ein jähes, krachendes Geräusch ließ Mike plötzlich herumfahren. Fast schon befürchtete er, der Rest des Daches würde gleich auf ihn herabstürzen und ihn unter sich begraben, doch es war nur der brennende Baum, das Opfer des gewaltigen Blitzeinschlages, der Mike vorhin beinahe den Garaus gemacht hatte. Die Flammen schickten sich an, Funkenstiebend ihr gieriges Mahl zu beenden.
Mike verlor keine Zeit, rannte zu dem Baum zurück und rettete einen großen Ast, den er dann unter Einsatz aller ihm verbliebenen Kräfte ins Innere der Kirche zerrte. Fast wäre das kostbare Feuer auf dem Weg ausgegangen, so stark regnete es. Mikes Hände waren schwarz vor Kohle und voller Brandblasen, als der Ast endlich im Trockenen lag und das Feuer von ganz allein wieder ein wenig aufflammte. Schnell sammelte er ein paar halbwegs trockene Zweige im Inneren der Kirche und schürte die kärglichen Flammen. Es gelang ihm, sie am Leben zu erhalten und zu einem lodernden Lagerfeuer anzufachen.
Jetzt bräuchte ich eine neue Möwe.
Sein Magen knurrte bei diesem Gedanken, doch er war sich auf einmal nicht mehr sicher, ob es wirklich nur sein Magen war. Das Knurren schien vielmehr von draußen gekommen zu sein. Angespannt lauschte Mike in die Nacht hinaus. Doch der Regen prasselte so laut, dass er nichts anderes mehr hören konnte.
Nach einer Weile gestand er sich ein, sich das seltsame Knurren entweder eingebildet zu haben oder selbst dessen Urheber gewesen zu sein. Wenigstens hatte er jetzt ein Dach über dem Kopf, und auch wenn dieses nicht ganz vollständig war, so wurde er wenigstens nicht mehr nass. Gerade, als er sich bis auf die Unterwäsche ausgezogen und sich in die wohlige Wärme des Feuers begeben hatte, huschte im Licht eines Blitzes ein Schatten durch die Ruinen. Danach noch einer.
Mike sprang sofort auf und griff sich ein Stück morsches Holz aus dem Feuer, doch damit hätte er sich wohl noch nicht einmal gegen eine tollwütige Ratte verteidigen können. Verängstigt starrte er hinaus in die regenverhangene Dunkelheit. Und da stieg dieser Geruch in seine Nase. Der gleiche herb-faulige Geruch, den er schon einmal gerochen hatte, als sein Leben am seidenen Faden gehangen hatte.
Immer noch blieb alles still. Mike glaubte schon, dass ihm nun auch seine Augen und sogar seine Nase einen Streich spielten und wollte sich gerade wieder ans Feuer setzen, da tauchte plötzlich ein hässlicher Kopf hinter dem Torbogen auf. Ein Kopf mit riesigen Augen, die im flackernden Licht des Lagerfeuers funkelten. Und dieser Kopf produzierte nun Geräusche, die von keiner Einbildung stammen konnten. Ein Fauchen, ein Zischen und dann ein gruseliges Pfeifen drangen durch den Regen. Niemand hätte Mike sagen müssen, dass dieser Pfiff so viel bedeutete wie: Kommt her Freunde, das Abendessen ist fertig!
Mike erschrak so sehr, dass ihm seine morsche Fackel beinahe aus der Hand fiel. Mehr instinktiv als bedacht bückte er sich, griff nach einem herumliegenden Dachziegel und warf ihn zielsicher nach dem Kopf des Eindringlings, doch der duckte sich gerade noch rechtzeitig weg und fauchte verärgert, wobei seine blitzenden, rasiermesserscharfen Zähne im Feuerschein aufblitzten. Mike verlor keine Zeit und rannte in Richtung des nicht vorhandenen Altarraumes.
Ich muss hier sofort raus!
Sein Puls beschleunigte gegen unendlich, als er plötzlich scharf bremste. An der Ecke lauerten zwei weitere Pectinodons und schnitten ihm den Weg ab. Mike saß in der Falle. Das Pectinodon am Torbogen war ihm gefolgt und rannte jetzt angriffslustig auf ihn zu, doch als es sich zusammenduckte und zum Sprung ansetzte, wich Mike ihm geschickt aus, sodass der Angreifer in die Überreste einer morschen Kirchenbank krachte.
Bevor sich das Tier wieder hochrappeln konnte, nutzte Mike die Gelegenheit und lief zurück in den Vorraum der Kirche und zum dort liegenden Treppenaufgang zur Empore. Die anderen beiden Pectinodons waren ihm direkt auf den Fersen, doch Mike war gerade noch schnell genug, um die moosbewachsenen Holzstufen nach oben zu hasten. Sie knarrten dabei verdächtig, sie waren ebenso alt und morsch wie der Rest der Kirche. Mike befürchtete bei jedem Schritt, sie würden seinem Gewicht nachgeben. Gleiches befürchtete er beim Dielenboden der Empore, der, wie es den Anschein hatte, vollkommen durchgefault war. Als Mike ihn keuchend erreichte, musste er dort entsetzt feststellen, dass er in eine Sackgasse gelaufen war. Hier gab es keinen Weg nach draußen, kein leeres Fenster, auch keine Seitentür, die wieder hinuntergeführt hätte. Wieder saß er in der Falle. Mike hörte bereits die tapsenden Schritte der Pectinodons durch den Treppenaufgang hallen.
Gleich ist es vorbei. Gleich wirst du sterben.
Als das erste Pectinodon ihm direkt gegenüberstand und sein Maul aufriss, schloss Mike die Augen. Doch anstatt eines plötzlichen, tödlichen Schmerzes spürte er, wie auf einmal der Boden unter seinen Füßen wegbrach und er ins Nichts stürzte. In einem schnellen Reflex warf er schnell die Arme nach vorn und bekam gerade noch einen hölzernen Stützbalken zu fassen, an dem er sich verzweifelt festkrallte. Die Dielen prasselten in einem ohrenbetäubenden Getöse auf den harten Steinboden hinunter, während Mike weiterhin am knarrenden Stützbalken baumelte und mit den Beinen fünf Meter über dem Boden strampelte. Ein Schmerz brannte sich durch seine Oberarme, die er um den rettenden Balken schlang und die nun sein ganzes Gewicht aushalten mussten.
Vorsichtig sah er hinab, wobei er sich Mühe geben musste, weiterhin stillzuhalten und nicht zu zappeln. Das Pectinodon, welches vorhin in die Kirchenbank gekracht war, stand nun direkt unter ihm, fauchte wütend und stellte dabei seine skurrile Federhaube auf. Erneut rief der Dinosaurier nach seinen Kameraden, denn er hatte sehr wohl erkannt, dass er Mike in dieser Höhe nicht erreichen konnte. Ein anderes Pectinodon befand sich noch immer vor Mike auf der Empore, genau dort, wo der Boden weggebrochen war, und sah verunsichert nach unten, doch nur für ein paar Sekunden.
Sofort fasste es wieder seine Beute ins Auge, die nun hilflos wie ein Fisch am Haken hing. Das dritte Pectinodon war zusammen mit dem Gebälk nach unten gestürzt, hatte sich nun aber schon wieder aus den Trümmern befreit, sich den Dreck und den Staub aus dem Gefieder geschüttelt und fixierte Mike. Inzwischen waren die Pectinodons zu viert. Noch eines dieser hässlichen Viecher war aufgetaucht und hatte sich zu seinen Kameraden nach unten in die Halle begeben.
Mike hatte in diesem Moment jedoch nur Augen für das Raubtier, das auf der Empore war und jetzt sicher einen Plan austüftelte, wie es ihn wohl erreichen könne. Mike mobilisierte seine letzten Kraftreserven, vollführte einen Klimmzug und gewann mit seinem Bein neuen Halt auf dem Balken, während sein Angreifer mit entschlossenen, aber vorsichtigen Tritten Schritt für Schritt ausprobierte, welche Bereiche der Empore noch imstande waren, ihn zu tragen.
Ich muss irgendetwas tun.
Das unheimliche Wesen kam ihm näher und näher. Mike zog sich am Balken hoch, balancierte vorsichtig zum Mittelbalken hinüber, der von einer Reihe Säulen aus Stein gestützt wurde. Das Holzgeländer war bestimmt schon vor langer Zeit verfault und zum Großteil hinabgefallen, doch ein kleiner Rest war noch mit der Fensterseite verbunden, wo eine intakte Scheibe im Schummerlicht schillerte. Als Mike sie erreichte, riss er mit aller Kraft am Fensterbrett, doch bis auf ein paar Splitter, die sich in seine verbrannte Haut bohrten, löste sich nichts. Das Zischen aus der Halle unter ihm brachte ihn fast aus dem Gleichgewicht. Mike sah in Panik zu dem Pectinodon hinüber, dass sich immer weiter voran tastete und ihn bald schon erreicht haben würde.
Komm schon! Mein Gott, Scheiße, geh endlich ab, verdammt nochmal!
Den Gedanken äußerte Mike sogar laut, wobei er sich nicht darum scherte, dass es in seiner Situation sicher keinen guten Eindruck beim Allmächtigen machen würde, in dessen Gotteshaus zu fluchen. Trotzdem hatte er ihn offenbar erhört, denn beim nächsten Ruck löste sich das schwere Holzbrett und Mike konnte es herausreißen. Das Pectinodon bemerkte Mikes Erfolg, aber es erkannte zu spät, dass seine Beute nun eine Waffe besaß, mit der es sich zur Wehr setzen konnte. Mike prügelte mit aller Kraft und dem Holzbrett auf seinen Gegner ein. Das Pectinodon quiekte vor Schmerz. Nach einem weiteren gezielten Schlag auf die Flanke verlor es das Gleichgewicht. Als wollte es die Niederlage auf keinen Fall akzeptieren, heulte es laut auf und ruderte wild mit Armen. Daraufhin verlor es den Halt und fiel zusammen mit einigen morschen Dielen hinunter in die Halle.
Der Sturz machte dem Pectinodon aber nicht allzu viel aus, denn es konnte ihn mit seinen Armfedern etwas abbremsen. Obwohl die Landung sehr unsanft ausgesehenen hatte, rappelte es sich sofort wieder auf und zischte bösartig. Noch bösartiger erschien nur der Rudelführer, der verärgert knurrte und offenbar alles andere als zufrieden mit der Leistung seines Rudelmitglieds war. Er bestrafte den Gestürzten für dessen Misserfolg, indem er ihm eine heftige Ohrfeige und drei blutige Striemen mitten ins Gesicht verpasste. Mit einem kläglichen schrillen Quieken antwortete das abgestürzte Pectinodon und zog sich gedemütigt zurück.
Offenbar hatten die anderen Pectinodons nun eingesehen, dass sie Mike nicht mehr erreichen konnten. Doch sie gaben keineswegs auf. Stattdessen begannen sie nun eine Belagerung, während der sie fortwährend fauchten, bellten und kreischten. Mike hatte zuerst noch über ihnen auf der Empore gestanden, sie ausgelacht und auf sie hinuntergespuckt, doch als die Biester ihn nach über einer Stunde immer noch nicht in Ruhe ließen, verzweifelte er schließlich an dem Terror, dem er ausgesetzt war. Wütend schrie er, dass sie sich verpissen sollen, aber die Pectinodons dachten nicht im Traum daran, sich ihre Beute entgehen zu lassen.
Erst, als der Morgen graute, machten sich die Tiere endlich aus dem Staub. Mike hatte die ganze Nacht kein Auge zumachen können. Er hatte alles versucht, sie zu vertreiben, sogar auf sie hinunteruriniert. Am Morgenhimmel stand noch immer das Wetterleuchten, das die Kirche in ein unheimliches Flackerlicht tauchte. Das Himmelsspektakel hielt noch eine ganze Weile lang an, doch der Regen ließ allmählich nach und hörte dann ganz auf. Donner war nun gar nicht mehr zu hören, bald riss auch die Wolkendecke auf und gestattete es der eben aufgegangenen Sonne, endlich zum Vorschein zu kommen.
Als Mike sich sicher sein konnte, dass die Raubtiere verschwunden waren, musste er jedoch erkennen, dass es für ihn nun genauso schwierig war, von der Empore herunterzukommen, wie es für die Pectinodons unmöglich gewesen war, ihn zu erreichen. Zur Treppe konnte er nun nicht mehr gelangen, denn eine mehr als sieben Meter breite Lücke klaffte im Boden, die selbst Mike als bester Leichtathlet seiner Klasse unmöglich aus dem Stand heraus zu überspringen vermochte.
Mike stellte sich schließlich vor das herrliche bunte Fenster, das die Szene des heiligen Abendmahls zeigte, und versuchte zuerst, es vorsichtig aufzudrücken, doch es war fest in der Wand verankert. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als es mit einem kräftigen Tritt aufzubrechen. Ein einziger Tritt reichte dafür allerdings nicht aus. Er trat ein zweites und auch noch ein drittes Mal zu, doch das Fenster war offenbar stabiler, als er es eingeschätzt hatte. Schon wollte er aufgeben, als das Glas dann beim vierten Versuch endlich doch zersprang. Mike zerriss sich dabei Hose und Haut, aber er war nicht schwer verletzt, als er sich durch die Öffnung nach draußen quetschte.
Vor der Kirche ragte ein mächtiger Eichenbaum empor, der seine dicken Äste und Zweige nach der Fassade ausstreckte. Nur wenige Zentimeter trennten Mike vom Rand des Fensters bis zu einem der kräftigen Äste. So sprang er mutig ab und bekam ihn zu fassen. Er zog sich wieder hinauf und verschaffte sich einen festen Stand. Anschließend kletterte er Stück für Stück an der Eiche hinab. Vorsichtig griff er nach den unter ihm wachsenden Ästen, bis er plötzlich etwas berührte, was ganz sicher kein Holz war. Als Mike erkannte, was es war, erschreckte er sich so sehr, dass er den Halt verlor. Die letzten eineinhalb Meter stürzte er nach unten und landete schmerzhaft auf seinem Hintern. Fassungslos starrte er nach oben.
Ein grinsender menschlicher Totenschädel starrte zurück, der zu einem an den Baum gefesselten Körper gehörte. Der untere Teil des Skeletts fehlte ab der Hüfte, und es sah so aus, als hätte ihm irgendwer die Beine abgerissen. Das Skelett hing an seinen weit ausgebreiteten Armen am dicken Stamm des Baumes. Erst jetzt erkannte Mike, dass man den armen Kerl offenbar dort angenagelt hatte. Direkt unter seinen Füßen erkannte er die Überreste von mehreren schon halb vergammelten Blumen- und Zweigenkränzen, die um den Baum herum verteilt lagen.
Was geht hier vor sich? Wer ist dieser Kerl? Wo zum Teufel bin ich hier?
Mikes Herz schlug so wild, dass er sich kaum zusammennehmen konnte. Obwohl er völlig übermüdet war, fühlte er sich hellwach. Und er entwickelte nun eine unbändige Neugier.
Da ihm der Tote keine Antworten auf die vielen Fragen geben konnte, die in seinem Kopf schwirrten, begann er damit, jedes einzelne Gebäude gründlich zu untersuchen. Doch er fand darin nicht viel Brauchbares. Die Häuser waren alt, verfallen und vor allem eins: leer. Wann auch immer die Menschen dieses Dorf verlassen hatten, sie hatten alles, was nicht niet- und nagelfest gewesen war, mitgenommen.
In einem Haufen Geröll entdeckte Mike etwas, das er zunächst für den Flügel eines toten Flugsauriers hielt. Er hob das vermoderte Ding hoch und befreite es von den vielen Algen, mit denen es über und über bedeckt gewesen war. Doch er stellte dabei fest, dass es aus Kunststoff bestand. Am unteren Rand klafften Löcher im Material, in denen überwucherte Metallringe steckten. Sie waren nicht einmal verrostet, nur ebenfalls mit Algen bedeckt. Eine dünne Nylonschnur verband die Metallringe miteinander. Mike mutmaßte, dass es wohl einmal ein Sportdrachen gewesen sein müsse. Im selben Haufen fand er außerdem den Kopf einer Babypuppe, ein paar Tierknochen und eine kleine Plastikschüssel.
Die anderen Häuser hatten noch weniger zu bieten. In einem entdeckte er eine Packung noch eingeschweißter, aber völlig vergilbter Pappteller und eine leere Sprühdose aus Aluminium, deren Etikett völlig ausgeblichen war, sodass er nicht mehr erkennen konnte, was sie einst enthalten hatte. Außerdem tauchten unter einem morschen Rest einer Regalwand ein Haufen Scherben und eine große, dickwandige Vase aus hübschem, weißem Porzellan auf, die ein zwar völlig verblasstes, aber dennoch kunstvolles Blumenmuster zierte. Die anderen Häuser waren ebenfalls komplett ausgeräumt worden und zum großen Teil eingestürzt. Eines war sogar so sehr verfallen, dass nur noch eine halbe Wand von ihm stand. In den Trümmern fand Mike zunächst nichts Nützliches. Doch als er später am Tag zu dieser Stelle zurückkehrte und einige Steine abtrug, fand er darunter lauter Glasscherben und sogar fünf intakte Glasflaschen ohne Verschluss.
Als Mike seine Fundstücke begutachtete und unter das Dach seines neuen Zuhauses brachte, begannen sich seine Gedanken allmählich zu ordnen. Die ganze Nacht lang hatte er sich schon den Kopf zerbrochen. Wo waren dieses Dach und dieses Zuhause eigentlich hergekommen? Mit dem neuentdeckten Toten war seine Verwirrung komplett geworden. Er fand keine Erklärung dafür. Wenn diese halbe Stadt gleichzeitig mit ihm und seiner Klasse hier aufgetaucht wäre, dann hätten die Gebäude nicht schon nach wenigen Monaten bereits derart alt ausgesehen.
Mike überlegte, dass sie vielleicht zu jener Kleinstadt gehören würden, die damals durch den Lichtblitz in Teilen verschwunden war. Deshalb besaß die Kirche auch keinen Turm mehr. Der war ja nach dem Blitz in sich zusammengefallen, aber in der Gegenwart geblieben. Erst hatte Mike sich noch gefragt, ob das Licht doch das Produkt einer Bombe gewesen sein könne. Hatte sie durch ihre Explosion die Schäden an den Gebäuden verursacht? Doch das erschien ihm jetzt Blödsinn zu sein. Es gab keine Anzeichen für eine Explosion. Schließlich war ihr Bus ja auch nicht in die Luft geflogen.
Nicht Sprengstoff, sondern allein der Zahn der Zeit schien für den Verfall dieser Gebäude verantwortlich zu sein. Es wuchsen ja bereits Bäume in den Ruinen. Hohe, mächtige Bäume sogar, die bestimmt schon viele Jahrzehnte alt waren. Und auch die Kletterpflanzen an den Fassaden sprachen eine eindeutige Sprache.
Nein, die Häuser hier können nicht gleichzeitig mit uns hier angekommen sein. Aber auch nicht nur fünf Minuten vorher. Das ergibt alles überhaupt keinen Sinn!
Dann hatte Mike überlegt, dass das, was diesen Blitz ausgelöst hatte, vielleicht auch schon in früheren Zeiten ein solches Ereignis bewirkt haben könnte. Vielleicht war ja im Mittelalter bereits ein Dorf einem ähnlichen Lichtblitz zum Opfer gefallen? Vielleicht war es schon vor Jahrhunderten hier angekommen. Doch auch dieser Gedanke schien falsch zu sein. Über dem Eingang der Kirche standen römische Zahlen: MDCCCXVI. Mike wusste zu seiner eigenen Überraschung, dass diese Buchstaben in arabischen Ziffern 1816 bedeuteten. Sicherlich verkündeten sie das Baujahr des Gebäudes. Aber selbst wenn die Kirche gleich nach ihrer Fertigstellung weggeblitzt worden wäre, wäre sie noch viel zu jung, um sich in eine derartige Ruine verwandelt zu haben. Und außerdem besaßen die Menschen damals noch keinen Kunststoff, aus dem sie einen Lenkdrachen oder eine Nylonschnur hätten herstellen können.
Das größte Rätsel gab ihm aber das an den Baum genagelte Skelett auf. Mike bekam eine Gänsehaut, als er sich den Toten noch einmal ganz genau ansah. Die bräunlich-blanken Knochen befanden sich seiner Meinung nach in einem verhältnismäßig guten Zustand. Sie waren beinahe frisch und konnten auf keinen Fall hunderte Jahre alt sein. Auch die Nägel, die das Skelett am Baum hielten, erschienen ihm fast wie neu. Sie begannen gerade erst zu rosten. Betrachtete er dann noch die verwelkten Kränze, so konnte er nicht anders, als anzunehmen, dass sich der Vorfall erst vor wenigen Monaten ereignet haben musste. Mike dachte zuerst an Folter oder eine Hinrichtung und hatte dabei seine eigene jüngste Vergangenheit vor Augen. Doch als er einen der Blumenkränze aufhob und genau betrachtete, erschien ihm auch dieser Gedanke absurd.
Bei einer Hinrichtung knüpft einem niemand so hübsche Blumenkränze.
Mike sah wieder zu dem Skelett auf. Plötzlich war er sich sicher, dass man den Kerl, wer immer es war, nicht hingerichtet hatte. Er musste an einen Film denken, den er mal mit Kevin und Andy gesehen hatte.
»Die haben dich geopfert, nicht wahr, Kumpel?«, fragte Mike den Toten murmelnd. Er spürte, dass er dabei eine Gänsehaut bekam. »Du bist hier freiwillig für deine Leute gestorben.«
Mikes Gedanken blieben an diesem Punkt hängen. Sie führten von nun an nur noch in eine Richtung. Zu einer Hoffnung, die er bislang noch gar nicht bedacht hatte.
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