Die Prinzipien der wissenschaftlichen Arbeit sorgen dafür, dass Forschung uns zuverlässig die Welt erklären kann. Wichtig ist dabei: die Forscher suchen dabei nicht nach der „Wahrheit“. Das ist für Wissenschaftler nämlich ein ziemlich schwammiger, zudem auch dogmatisch aufgeladener Begriff. Wahrheiten lassen sich schließlich biegen und drehen und auch politisch missbrauchen, weil sie immer abhängig von verschiedenen Perspektiven sind. Echte Forscher sind vielmehr daran interessiert, sich einem faktischen Ist-Zustand anzunähern, sich also Stück für Stück mit den richtigen Fragen daran heranzutasten. Dabei muss aber klar sein: Forschung ist nie zu Ende! Sobald man eine Frage beantwortet hat, stellt sich sofort die nächste! Wie genau Wissenschaftler eigentlich arbeiten, soll dieser Artikel etwas näher beleuchten.
Die wissenschaftlichen Leit-Prinzipien
Auch die Urzeitforscher müssen nach den wichtigen Prinzipien der empirischen Forschung arbeiten. Die wichtigsten sind:
ValiditätDie Forschung muss das messen, was sie vorgibt zu messen. Es geht darum, dass die eingesetzten Methoden und Instrumente tatsächlich das untersuchen, was im Fokus der Fragestellung steht. Auch hier wird in der Forschung aber öfter mal getrickst. Das kann von Datenmanipulation bis hin zu bewusster Fälschung reichen. Auch bei Paläontologen ist das bereits nachgewiesen worden, wonach ihr Ruf als Forscher extrem angekratzt wurde! |
ReliabilitätDies bezeichnet die Genauigkeit von Forschungsergebnissen. Wenn eine Untersuchung unter gleichen Bedingungen wiederholt wird, sollten die Ergebnisse konsistent sein. Sind sie das nicht, so besteht ein Problem an der Methodik – und die Ergebnisse sind nicht zuverlässig. |
ObjektivitätIhre Arbeit muss frei von subjektiven Einflüssen oder persönlichen Meinungen sein. Die Forschungsergebnisse sollten unabhängig von der Person, die sie durchführt, immer gleich bleiben. Politik oder Weltanschauungen dürfen dabei keine Rolle spielen. Natürlich sind Forscher aber auch nur Menschen, die von ihren eigenen Ansichten beeinflusst werden. Einem guten Wissenschaftler sollte das allerdings stets bewusst sein, und er selbst auch immer bemüht, sie aus seiner Arbeit herauszuhalten. |
Es gibt zusätzlich noch eine Reihe von wichtigen weiteren Prinzipien, nach denen Forscher sich richten müssen:
- Nützlichkeit: Liefert die Studie einen informativen Erkenntnisgewinn? Rechtfertigen die Ergebnisse überhaupt den Arbeitsaufwand?
- Ökonomie: Lohnt sich die Forschung auch finanziell? Irgenwer muss das Ganze ja bezahlen! Sind die Kosten gerechtfertigt?
- Transparenz: Wird jeder Schritt des Forschungsprozesses dokumentiert und ist so klar beschrieben werden, dass andere Forscher ihn nachvollziehen können?
- Replizierbarkeit: Habe ich das Experiment oft genug durchgeführt? Kamen dabei immer ähnliche Daten heraus? Und ist es so gestaltet, dass auch andere Forscher es wiederholen können?
- Falsifizierbarkeit: Ist der wissenschaftliche Ansatz so gestaltet, dass er durch weitere Forschungen auch widerlegt werden kann?
Peer ReviewForschung funktioniert vor allem deshalb so gut, weil sie ein sich selbst überprüfendes System ist: wann immer ein Forscher eine neue Studie veröffentlichen möchte, muss sie von anderen Forschern vorher gelesen, sorgfältig geprüft und diskutiert werden. Dieses Verfahren nennt man auch Peer Review. Und selbstverständlich können auch andere Forscher, nicht nur die Reviewer, Kritik an eine Studie üben. Der wissenschaftliche Diskurs garantiert somit, dass Forschung hinterfragbar und erweiterbar bleibt! Und letzten Endes kommen durch ihn die meisten Tricksereien und Schlampereien früher oder später doch ans Licht. |
Wie gewinnen Forscher neue Erkenntnisse?
Wir haben oben schon angemerkt, dass Forscher nicht nach der „Wahrheit“ suchen. Da gibt es nämlich immer mehrere Versionen. Was Forscher suchen und zusammentragen, sind vielmehr Beobachtungen, oder auch Fakten. Ein Fakt hat mit der Wahrheit aber erstmal nicht wirklich etwas zu tun. Ein Fakt kann ein Phänomen wie etwa ein Blitz oder eine Sonnenfinsternis sein, ein Messergebnis bei einem wissenschaftlichen Experiment oder auch, um bei unserem Thema hier zu bleiben, ein neugefundenes Dinosaurierfossil. Fakten sind somit real existierende Beobachtungen, die wir in der uns umgebenden Natur machen können.
Hypothese
Auf Basis dieser Fakten entwickeln die Forscher nun Fragen, die sie an ihre Beobachtung stellen. Wenn ich aus meinem Fenster schaue, und es draußen hell ist, stellt sich natürlich als erstes die Frage: Warum ist es hell? Das klingt jetzt vielleicht etwas banal, aber anhand dieses sehr einfachen Beispiels wollen wir nun einmal schauen, wie das wissenschaftliche Arbeiten im Kern abläuft und funktioniert.
Eine mögliche Erklärung, die unsere Frage beantworten könnte, nennt man in der Forschung Hypothese. Dabei handelt es sich also zunächst um reine Vermutungen, die allerdings in sich schlüssig und logisch sein müssen. Und da können einem auch bei so einer simplen Frage tatsächlich gleich mehrere Hypothesen einfallen: |
- Aliens strahlen mit riesigen Scheinwerfen auf die Erde hinab.
- Der Weltuntergang hat begonnen.
- Der Mond ist explodiert.
- Mein Nachbar übertreibt es mit seiner Gartenbeleuchtung.
- Die Sonne scheint.
Experiment
Der nächste wissenschaftliche Schritt ist es nun, die Hypothesen zu überprüfen und sie dabei entweder zu eliminieren oder mit neuen gesammelten Daten zu bestätigen. Ein Experiment kann sehr einfach sein, und in unserem Beispiel schon allein darin bestehen, einfach nur vor die Tür zu gehen und nachzuschauen. Andere Experimente nehmen Jahrzehnte in Anspruch und sind sehr teure und aufwändige Unterfangen, die mehrere Forscherleben beschäftigen können. Doch egal ob einfach oder kompliziert: der Sinn des Experiments ist es immer, eine Hypothese zu überprüfen. Wenn ich jetzt also vor die Tür trete und die Sonne tatsächlich am Himmel sehe, habe ich dabei im Grunde bereits wissenschaftlich gearbeitet und auf Basis von empirischem Vorgehen eine Hypothese bestätigen können.
Ockhams RasiermesserMeistens ist es aber nun natürlich nicht so einfach wie in diesem Beispiel. Deshalb gibt es das Prinzip von Ockhams Rasiermesser: das ist ein philosophisches Prinzip, das von William of Ockham (1287 – 1347) formuliert wurde. Es besagt, dass man von mehreren möglichen Erklärungen für ein Phänomen diejenige bevorzugen sollte, die die wenigsten zusätzliche Annahmen voraussetzt und somit am einfachsten ist.Im Detail bedeutet dies: ich kann wie mit einem Rasiermesser die Hypothesen wegschneiden, die mehrere zusätzliche Parameter benötigen. |
In unserem Beispiel eben wären schließlich auch Aliens, Armageddon, der explodierende Mond oder der Nachbar mit der Gartenbeleuchtung wenigstens logische Erklärungen, allerdings mit absteigender Wahrscheinlichkeit. Für die weiter oben stehenden Erklärungen brauche ich deutlich mehr zusätzliche Annahmen, die simpelste und damit einfachste Erklärung kann ich aber am leichtesten Überprüfen – indem ich einfach nur vor die Tür gehe. Für die zweiteinfachste – die mit dem Nachbarn – müsste ich dagegen schon auf einen Hocker steigen und über seinen Gartenzaun spähen.
Eine Garantie auf Richtigkeit liefert Ockhams Rasiermesser allerdings nicht! Wir bekommen durch dieses Vorgehen aber einen Leitfaden, an dem ich mich als Forscher bei der Reihenfolge zur Überprüfung meiner Hypothesen und zum Aufbau meiner Experimente orientieren kann.
Weitere Beobachtungen, weitere Hypothesen
Als Wissenschaftler sammle ich nun weitere Daten, um meine Hypothese zu untermauern und mache dabei immer mehr Beobachtungen, die zu weiteren Fragen und damit zu weiteren Hypothesen führen. Zum Beispiel:
- Es blendet mich unangenehm, wenn ich direkt in die Sonne sehe.
- Ich spüre Wärme auf meiner Haut, wenn ich mich ihr zuwende.
- Ich werfe einen Schatten genau in die Richtung, aus der die Sonne scheint.
- Wenn die Sonne abends untergeht und nicht mehr zu sehen ist, wird es dunkel.
Auf Basis dieser Beobachtungen gewinne ich immer mehr Erklärungen, die meine Annahme unterstützen, dass die Sonne tatsächlich ursächlich dafür ist, dass es draußen so hell ist bzw. am Morgen noch war. Ich kann natürlich auch anfangen, die anderen Hypothesen zu testen und Daten sammeln, die sie möglicherweise widerlegen – was schon damit anfängt, dass ich meinen Nachbarn als Ursache ausschließen kann, wenn ich in seinem Garten keine übertriebene Beleuchtung finden kann. Ich gelange also nach und nach zu immer mehr Hypothesen, die ich testen und somit verifizieren kann: |
- Die Sonne ist wirklich sehr hell und hat eine Menge Leuchtkraft.
- Die Sonne spendet nicht nur Licht, sondern auch Wärme.
- Die Sonne ist die Quelle des Lichts.
- Ohne Sonne gibt es kein Tageslicht.
Theorie
Habe ich genug dieser Hypothesen bekräftigt, ergibt sich nach und nach ein schlüssiges Gesamtbild. Wir erhalten ein immer komplexer werdendes Erklärungsmodell, dass ein Phänomen wie den Sonnenschein immer besser und besser erklärt. Und solche Erklärungsmodelle nennen wir in der Wissenschaft Theorie!
Eine Theorie ist in der Forschung aber nicht das, was in der Umgangssprache damit gemeint ist. In der Umgangssprache erwarten wir, wenn jemand eine Theorie hat, dass etwas so, oder auch so sein kann. Eine pure Vermutung etwa, mit ungewissem Ausgang. In der Forschung ist das aber ganz anders: Schließlich konnte meine Theorie ja eine ganze Menge von Hypothesen bekräftigen, und ich kann durch sie nicht nur das Phänomen der Helligkeit draußen schlüssig und widerspruchsfrei erklären, ich habe dabei auch etwas über Wärme, Schatten und Dunkelheit herausgefunden. Und je mehr ich suche, umso mehr Belege finde ich, die einerseits meine Theorie stützen, andererseits aber auch neue Hypothesen widerlegen können. Oder eben auch nicht: Da muss ich natürlich unvoreingenommen sein!
Eine Theorie ist also nicht „nur“ eine Theorie: Sie ist mit Abstand das Beste, was wir überhaupt haben, wenn es darum geht, natürliche Phänomene zu erklären! Und sie ist, wenn erst einmal aufgestellt, auch nicht mehr so einfach widerlegbar wie eine Hypothese – weil man dafür ja mit nur einer anderen Erklärung alle anderen bereits erfolgten Erklärungen plausibel widerlegen müsste. Offen sind wir als Forscher dazu aber allemal und halten auch nichts für grundsätzlich unmöglich. Die Nichtexistenz von etwas zu beweisen, ist empirisch auch gar nicht möglich! Gegner der Wissenschaft versuchen leider ständig, uns das als Schwachpunkt auszulegen, indem sie das Pferd von hinten aufzäumen. Aber nur, weil etwas prinzipiell möglich wäre, bedeutet das nicht, dass es auch gleichwertig mit unserer Theorie ist. Denn um unsere Sonnen-Theorie anzugreifen, müsste am nächsten Tag wohl tatsächlich ein gigantisches außerirdisches Raumschiff auftauchen. Das ist zwar durchaus möglich, aber trotzdem sehr, sehr unwahrscheinlich!
Vorhersagen
Das Beste an Theorien ist aber, dass sie uns Vorhersagen ermöglichen kann. So kann ich durch meine Sonnenschein-Theorie die Voraussage tätigen: wenn es morgen wieder so hell draußen wird, dann ist höchstwahrscheinlich wieder die Sonne am Himmel zu sehen! Anhand dieser Voraussagen finde ich, sollten sie sich bestätigen, noch zusätzliche Fakten, mit denen ich meine Theorie belegen kann. Charles Darwin hat auf Basis seiner Evolutionstheorie z.B. auch die Existenz sogenannter Brückentiere vorausgesagt – also Tieren, die Merkmale sowohl einer ursprünglichen als auch einer abgeleiteten Tiergruppe tragen. Der Urvogel Archaeopteryx erfüllte diese Voraussage: er trägt sowohl die Merkmale von Dinosauriern als auch modernen Vögeln.
Zufrieden gibt sich die Forschung aber auch mit einer noch so gut gesicherten Theorie nicht. Denn aus jeder neuen Erkenntnis ergeben sich automatisch neue Fragen, aus jeder neuen Theorie wieder neue Hypothesen. Auch können althergebrachte Forschungsmeinungen sich immer wieder umkehren. Das bedeutet aber nicht, dass dich die Forscher vorher angelogen hätten oder zu blöd wahren, die Wahrheit zu erkennen. Wissenschaft lügt nicht. Sie erweitert sich nur ständig, schließt niemals ab und lässt ständigen Raum für neue Erkenntnisse. Wenn ein Forscher heute also etwas anderes sagt als gestern, dann hat er gestern nicht etwa gelogen, sondern seither Neues dazugelernt!
Neue Hypothesen
Und auch das gilt in unserem Beispiel: unsere Vorhersage, dass die Sonne am Himmel zu sehen ist, wenn es morgen auch wieder hell ist, muss ja schließlich nicht unbedingt eintreten. Es ist durchaus möglich, dass ich am nächsten Morgen zwar Licht, aber die Sonne doch nicht sehe! Daraus ergibt sich dann wieder eine Frage: Warum sehe ich die Sonne nicht, obwohl es draußen hell ist?
Wieder kann ich mehrere Hypothesen aufstellen, die aber nicht im Widerspruch zu den Hypothesen stehen dürfen, die ich bereits belegen konnte. Jetzt also wieder meinen Nachbarn oder Aliens verantwortlich zu machen, dass sie die Sonne geklaut haben, wäre eine gewagte Hypothese, weil wir ja bereits festgestellt haben, dass es ohne Sonne überhaupt kein Licht geben kann und es dann stockduster sein müsste. Eine plausiblere Hypothese ist, dass ich die Sonne deshalb nicht sehe, weil sich auch Wolken am Himmel befinden, aber die Sonne trotzdem noch da und einfach nur dahinter sein könnte.
Auch diese Hypothese kann ich überprüfen, wenn ich nun wieder nach draußen gehe, dort erstens feststelle, dass sich wirklich Wolken am Himmel befinden, und zweitens irgendwann beobachte, dass sich die Sonne zwischen den Wolken dann doch ab und zu mal wieder zeigt. Die Wolken-Hypothese kann ich also problemlos in meine Sonnenschein-Theorie integrieren. Und natürlich ergeben sich aus ihr wieder neue Beobachtungen, neue Fragen und immer wieder neue Hypothesen.
Forschung – ein ewiger Kreislauf
Die vielen, vielen Hypothesen zur Sonne haben die Menschen tatsächlich schon eine sehr lange Zeit beschäftigt. Und mittlerweile sind wir schon so weit, dass wir eine Menge über die Funktion eines Sterns, den Lebenszyklus unserer Sonne und ihre Auswirkungen auf die Erde herausgefunden haben. Und die Forschung geht beständig weiter! Sie ermöglicht uns inzwischen u.a., die schädliche oder auch nützliche Wirkung von UV-Licht auf unsere Gesundheit zu untersuchen, aus der Sonne Energie mithilfe von Photovoltaik-Anlagen zu beziehen und auch Vorhersagen zur Entwicklung des Klimas auf unserer Erde aufzustellen. Angefangen hat das aber alles mal mit einer einzigen kleinen Beobachtung, wie in unserem Beispiel! Und abgeschlossen wird der Prozess niemals sein, denn wir werden auch über die Sonne immer wieder neues herausfinden – genau wie im Bereich der Urzeitforschung.
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