Deutschland hat ein Problem. Wir alle haben dieses Problem! Für eine Minderheit, die aber trotzdem Millionen von Menschen in unserem Land umfasst, ist dieses Problem Teil ihres Alltags. Die anderen, nämlich die große Mehrheit unserer Bevölkerung, betrifft dieses Problem aber auch, nämlich weil sie es selber darstellt. Die Rede ist von Rassismus. Ja, wir leben in einem Land, voll von Rassisten! Die meisten sind sich nicht einmal bewusst, dass sie selbst Rassisten sind. Fast alle, vielleicht auch du, halten sich für tolerant, weltoffen, freundlich – doch in beinahe jedem von uns, der zur priviligierten, hellhäutigen und deutschstämmigen Bevölkerung gehört, schlummern rassistische Vorurteile. Und Nein, das ist nicht etwa ein fieser Vorwurf, den ich dir persönlich machen will. Ich beziehe mich da selber ja auch mit ein! Deshalb gleich eine bitte: Klick diesen „blöden“ Artikel nicht gleich weg und fühle dich vorverurteilt. Das ist gar nicht meine Absicht! Wenn du aber wissen willst, warum ich so scharfe Worte schreibe, dann bleib bitte dran.
Rassismus in Deutschland
Ich schreibe diesen Artikel aus zwei Gründen: einerseits, weil ich dich damit schon ein wenig provozieren will, zugegeben. Niemand hört das Wort „Rassist“ gerne, weil wir dabei automatisch an ganz schlimme Dinge denken müssen, wie zum Beispiel die rassistische Ideologie der Nazis und den Genozid an Millionen von Juden. Der Holocaust war allerdings nur eine hochextreme Form des staatlichen Rassismus. Viele Menschen in unserem Land sind institutionalem Rassismus aber nach wie vor ausgesetzt, und für diese Menschen ist dieser Artikel. Damit den anderen die Augen dafür geöffnet werden, und deshalb möchte ich dich ganz dringend bitten, jetzt dranzubleiben, nicht nur wenn, sondern ganz besonders wenn du denkst, dass dich das ja gar nicht beträfe. Jetzt kommen nämlich zuerst einmal ein paar sehr hässliche Fakten, die dir sicher verstehen helfen, weshalb es mir mit diesem Artikel so ernst ist, und ich damit sogar riskiere, viele meiner Leser zu verlieren. Ganz brandaktuell finden wir in den Nachrichten nämlich so viele grässliche Nachrichten, die dieses enorme Gesellschaftsproblem wiederspiegeln.
- Youssoufa Moukoko und Jessic Ngankam aus der deutschen U21-Nationalmannschaft mussten sich nach zwei verschossenen Elfmetern den widerwärtigsten Online-Kommentaren ausgesetzt sehen, sodass der DFB jetzt gegen hunderte Rassisten Anzeige erstattet hat.
- Ein Großteil der deutschen Bevölkerung hegt tief sitzendes Misstrauen und eine feindselige Geisteshaltung gegen Menschen muslimischen Glaubens, wie eine repräsentative Umfrage feststellte. Mehr als die Hälfte der Befragten stimmte dabei muslimfeindlichen Aussagen zu; wie etwa, dass sie keine Muslime als Nachbarn haben wollen.
- Auch bei unseren Nachbarn in Frankreich sitzt der institutionelle Rassismus fest verankert, weshalb die Menchen dort jetzt auf die Straßen gehen. Dort wurde am 27.06.2023 ein junger Mann algerischer Herkunft von der Polizei erschossen, weil er sich aus Angst in einer Verkehrskontrolle – er fuhr ohne Führerschein – aus dem Staub machen wollte. Gegen den Polizsten wird nun wegen Totschlags ermittelt.
Rassimus – sogar gegen Kinder!
Diese drei Beispiele illustrieren, wie dramatisch die Situation in Wirklichkeit ist. Viele denken vielleicht, dass wir bereits viel beim Abbau von Rassimus erreicht hätten, doch das ist leider nicht der Fall! Das kann ich auch selbst aus eigener Erfahrung bestätigen. Ich arbeitete seit einigen Jahren an einer Schule, an welcher ein großer Teil der Schüler einen Migrationshintergrund hat. Dort habe ich ein Präventionsprojekt gegen Rassismus geleitet, wo die Schüler auch ihre eigenen Erfahrungen schildern durften. Und dabei haben sich einige mutig geöffnet und zum Teil Schreckliches berichtet.
- Los ging es mit dem Thema Witze, wo z.B. ein kurdischer Junge berichtete, wie blöd er es fände, wenn seine Mitschüler ständig fragen, was der Unterschied zwischen einer Pizza und einem Kurden sei (Pizza hat einen Boden).
- Deutlich weniger humorvoll wurde es, als eine Schülerin mit einem dunklen Teint berichtete, dass sie gerade erst an besagtem Tag auf dem Weg zur Schule als „Scheiß N…“ beschimpft wurde. Und nicht zum ersten Mal sei ihr oder ihren Geschwistern sowas passiert. Dass neunjährige und sogar jüngere Kinder von erwachsenen Fremden rassistisch beleidigt werden, ist Alltag!
- Und auch, dass ein Junge berichtete, dass er schon zweimal aufgrund seiner Hautfarbe von anderen verprügelt worden sei, das erste Mal bereits in der ersten Klasse. Nein, habe ich mir nicht ausgedacht!
Rassismus passiert. Jeden Tag, genau vor deiner Nase. Und er trifft sogar schon kleine Kinder, die noch gar nicht verstehen, was ihnen da eigentlich wiederfährt. Geschweige denn, warum!
Rassismus im Grundgesetzt?
Auch in unserem Grundgesetz steht das Wort „Rasse“. Das Bewusstsein für Vorfälle, von denen ich soeben berichtete, hat dazu geführt, dass einige Politiker in Deutschland dieses Wort streichen und das Rassimus-Problem endlich auch in unserer Verfassung konkretisieren wollen. Der Text im Grundgesetz lautet aktuell so:
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“
Sollten wir das Grundgesetz ändern?
Christine Lamprecht. Bildquelle: Wikipedia. |
Geplant war es schon 2021, das Wort „Rasse“ durch die Formulierung „aus rassistischen Gründen“ zu ersetzen. Als einen der Gründe führte die damalige Bundesjustizministerin Chrintine Lamprecht an, dass die derzeitige Formulierung durch den aktuellen Stand der Wissenschaft veraltet sei. Es bestehe kein Zweifel daran, dass es keine Menschenrassen gäbe! Dies sei durch die Widerlegung der Rassentheorie wissenschaftlicher Konsens. Deshalb solle einerseits der Fokus vom obsolet gewordenen Begriff „Rasse“ weichen, und er auf das tatsächlich existierende Problem des Rassismus gelenkt werden. Andererseits könne durch die weitere Verwendung eines überholten Begriffs der Eindruck entstehen, dass der Begriff „Rasse“ doch irgendwie legitim sei, weil er ja sogar im Grundgesetz steht.
Doch daraus wurde leider nichts. Die Textänderung ist vorerst gescheitert und erstmal wieder vom Tisch. Das Grundgesetz bleibt vorerst so wie es ist. Und nicht etwa, weil die Änderung an der Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat gescheitert wäre. Hier hätten nämlich mit Ausnahme der von der AfD-Fraktion alle Abgeordneten zugestimmt. Man hat versäumt, die Änderung des Wortlauts an Artikel 3 als Gesetzesentwurf zur Entscheidung vorzulegen, angeblich wegen akuterer Probleme aufgrund der Corona-Krise und der Klimapolitik, so hieß es aus der Union. |
Ich persönlich finde dieses Versäumnis mehr als nur schade. Aber warum schreibe ich überhaupt darüber? Was haben Rassimus-Nachrichten, persönliche Rassimus-Erfahrungen und politische Debatten und Gesetzesänderungen auf einer Urzeit-Webseite zu suchen?
Meine Intention für diesen Beitrag
Theodor W. Adorono. Bildquelle: Wikipedia. |
Das Thema Rassismus ist für mich nicht nur ein persönliches und politisches, sondern auch ein durchaus wissenschaftliches und biologisches. Wenn ich nämlich manchmal die Kommentare zu meinen Beiträgen lese, selbst wenn diese das Thema „Menschenrassen“ nur grob anschneiden, bekomme ich oft Krämpfe in den Kiefermuskeln. Dort wird so viel Blödsinn geschrieben! Hanebüchenes Halb- und Nichtwissen trifft dort auf veraltete Schulbildung und persönliche Vorurteile, aber auch auf echten, beinharten Rassismus. Und alles geht oft genug sogar Hand in Hand.
Ich persönlich glaube ja, dass Rassismus vor allem deshalb überhaupt erst entsteht, und dass die Leute an ihren Ideologien und Vorurteilen sehr gerne festhalten, weil sie die Problematik dahinter und davor nicht verstehen. Weil sie irgendeinen Quatsch oft genug gehört haben. Aber „gehört haben“ ist nicht „begreifen“. Und da muss ich an Theodor W. Adorno denken, ein Allround-Talent als Soziologe, Philosoph, Musiktheoretiker und Komponist. Der sagte zu einem ähnlichen Thema einmal: „Das Halbverstandene und Halberfahrene ist nicht die Vorstufe der Bildung, sondern ihr Todfeind.“ Und weil ich seine Ansicht durchaus teile, musste jetzt schnell ein eigener Artikel her. Dieser richtet sich nicht an die, die wirklich Ahnung von Biologie haben und bereits genau verstehen, wieso das mit den Menschenrassen Quatsch ist. Ihr könnt jetzt gerne hier aufhören und lieber einen meiner anderen Artikel weiterlesen, oder auch gerne eines meiner Bücher. |
Alle, die jetzt aber gerade gedacht haben:
„Moment mal, es gibt aber doch Schwarze, Asiaten, Indianer, Europäer und so weiter, also gibt es beim Menschen doch zumindest Unterarten, und die könnte man doch auch „Rassen“ nennen!“
Oder:
„Halt mal… Es gibt vielleicht heute keine Rassen mehr, aber es gab sie doch früher mal: Neandertaler, Heidelbergmenschen, Homo erectus und so weiter…“
Diese Leute sollten jetzt unbedingt dranbleiben. Nein, also wenn wir alle Freunde bleiben wollen, dann bestehe ich sogar darauf, dass ihr jetzt weiterlest, denn ihr habt da wirklich ein ganz großes Problem im Kopf, den ich euch dringend mal waschen muss!
Die Rassentheorie
Der Begriff „Menschenrasse“ wird spätestens seit dem 17. Jahrhundert verwendet. Zu jener Zeit blühte der Kolonialismus: exotische Waren aus Übersee, besonders aus der Neuen Welt, wie z.B. Zucker, daraus hergestellte Spirituosen, aber auch Tabak, Baumwolle und andere Rohstoffe, die nur in warmen Klimazonen anzubauen sind, entwickelten sich zu wertvollen Exportgütern. Es gab nur ein Problem: die Produktion und der Transport dieser Waren waren so aufwändig und teuer, dass man die Produkte niemals im Heimatland losgeworden wäre, wenn man sie unter normalen, oder besser gesagt fairen Bedingungen von lohnbeziehenden Arbeitern produziert hätte. Deshalb setzte man auf den Plantagen Sklaven ein.
Papst Eugen IV. Bildquelle: Wikipedia.
Thomas von Aquin. Bildquelle: Wikipedia. |
Kolonialreiche um 1898. Bildquelle: Wikipedia. Die Sklaverei galt im christlichen Spätmittelalter und der frühen Neuzeit zunächst allerdings noch als geächtet. Papst Eugen IV. verurteilte mit den Bullen Creator Omnium (1434) und Sicut dudum (1435) z.B. die Versklavung der kanarischen Guanchen scharf. Allerdings schützte seine Exkommunikationsdrohung nur die zum Christentum konvertierten Guanchen. Und so kam schnell der Gedanke auf, dass man bloß andere Christen nicht versklaven dürfe, aber bei „heidnischen Völkern“ – Null Problemo. Schnell fanden Theologen bei den alten Kirchenlehrern wie Thomas von Aquin eine moralische Rechtfertigung für die Sklaverei. Ungläubige Völker seien mehr Tier als Mensch und ihnen das Höllenfeuer gewiss. Und man täte ihnen sogar einen Gefallen, wenn man sie zu Jesus führte und ihnen das Himmelreich zugänglich machte. Dabei war es dann auch egal, wenn dieser „Gefallen“ unter Zwang erfolgte, wenn man die Menschen verschleppte und zur Sklavenarbeit zwang. Gerettet ist gerettet. Dass man die Sklaverei damit nicht nur rechtfertigte, sondern sie sogar zu einer guten und moralisch wertvollen Tat erhob, ist nicht nur aus heutiger Sicht mehr als zynisch. |
Rechtfertigung für Ausbeutung
Weiße Menschen sahen andere Menschen also fortan gerne als Besitz. Und diese Sichtweise funktioniert mit einem christlichen Selbstverständnis nur, wenn man jederzeit Unterschiede zwischen sich als Herren und „den anderen“ benennen kann. Wenn man die Sklaven als Menschen zweiter Klasse, oder sogar mehr als Tiere betrachtet, beruhigt sich das Gewissen auch des Frömmsten unter den Frommen. Besonders, wenn da auch noch ein hübscher Profit drin ist! Dies ist die eigentliche Wurzel der Rassentheorie: das Auffinden von Unterschieden. Das Legitimieren der eigenen weißen Herrenrasse, die Rechtfertigung, andere Menschen auszubeuten. Und das stellte auch niemand infrage, weil ein großer Teil des Wirtschaftssystems und damit auch des eigenen Wohlstandes davon abhing.
Übrigens: Deshalb ist es in meinen Augen auch Unsinn, wenn manche gern zu relativieren versuchen, dass viele Nicht-Deutsche etwas gegen Deutsche hätten und diese folglich auch Rassisten seien. Natürlich gibt es zwar Menschen anderer Hautfarbe oder Kultur, die alle Weißen verachten und nichts mit ihnen zu tun haben wollen. Und es gibt auch in Deutschland durchaus Deutschenfeindlichkeit. Wenn man sich aber mal vor Augen führt, warum die Leute uns Weiße, Deutsche, Christen oder Europäer nicht besonders mögen, dann versteht man auch, dass das kein Rassismus ist, sondern lediglich die Antwort darauf. Sozusagen die Reflexion dessen, womit unsere Vorfahren selber einmal angefangen haben. Wir haben insbesondere als Deutsche, auch wenn wir zu einer Generation gehören, die für die Verbrechen des Holocausts und der Kolonialzeit natürlich nichts mehr dafür kann, trotzdem eine histrorisch gewachsene Verantwortung. Wer aber aus seiner priviligierten Stellung als weißer, deutscher und christlicher Muttersprachler von „antideutschem Rassismus“ schwadroniert, wenn wieder mal eine Straftat eines Migranten in den Nachrichten ist, macht sich in meinen Augen lächerlich. Lies einfach mal weiter, warum ich das denke.
Rassistische Völerschauen
Für die weißen Europäer ist es nämlich schon lange selbstverständlich und einfach, und heute leider immer noch trauriger Alltag, auf Menschen einfach nur aufgrund ihrer Abstammung und Herkunft herabzublicken und sich selbst als etwas Besseres zu sehen. Im 19. Jahrhundert fanden sogar sogenannte Menschenschauen statt: europäische Geschaftsleute reisten damals durch die Welt und boten Menschen aus fernen Nationen Verträge an, wenn sie in einer Art Ausstellung auftreten würden. Diese Ausstellungen waren aber eher sowas wie Zoos. Unter erbärmlichen Bedingungen, oft auch nur unter Zahlung eines Hungerlohns, mussten sich die Teilnehmer Tag für Tag demütigen und begaffen lassen. Und natürlich wurde dabei das rassisitische Bild weiter ausgemalt, dass die „exotischen“ Völker primitiv und der „europaischen Rasse“ in jeder Hinsicht unterlegen seien.
Karl Ernst von Baer. Bildquelle: Wikipedia. |
Die RassenlehreBesonders populär war zu jener Zeit die Rassenlehre, u.a. formuliert von Karl Ernst von Baer (1792; † 1876). Der ordnete alle Menschen verschiedenen Basistypen zu und konkretisierte damit den Rassimus in der Wissenschaft. Alle Menschen gehören zu drei großen Rassen: sie sind entweder kaukasisch (weiß), mongoloid (asiatisch) oder negroid (schwarz). Diese Unterteilung war allerdings auch schon in ähnlicher Form bereits lange vorher, und auch noch lange Zeit später in der wissenschaftlichen Literatur zu finden. Im 20. Jahrhundert blühte diese Lehre geradezu auf, natürlich vor allem in der dunklen Zeit der Weltkriege und des Nationalsozialismus, deren wichtigste Basis die Rassenlehre darstellte. Sogar in meinem Kinderlexikon, das Anfang der 90er abgedruckt wurde, fand sich diese Aufteilung noch in ähnlicher Form im Kapitel über die Menschen unserer Erde. Man sollte meinen, dass die Rassenlehre damals doch schon überwunden war – doch Fehlanzeige! Rassistisches Gedankengut, und insbesondere die Grundbausteine davon, haben ein langes Nachleben, selbst wenn sie wissenschaftlich längst widerlegt sind. Und fast alle von uns sind damit irgendwie schon einmal damit in Berührung gekommen, viele sogar direkt mit ihnen aufgewachsen! |
Physiognomik
Es gibt übrigens nicht nur den Rassismus, der als Lehre zur Diskriminierung von anderen Menschen immer noch herangezpgen wird. Neben der Rassentheorie waren und sind nämlich auch viele weitere menschenverachtende Lehrmeinungen in Umlauf, die Menschen aufgrund ihres Äußeren bestimmte Eigenschaften zuwiesen, wie z.B. die Physiognomik. Allein von der Form des Gesichtes könne auf Intelligenz und Charakter geschlossen werden. Man könne Menschen also direkt ansehen, ob sie verlogen, geizig, habgierig oder einfach nur dumm seien. Das war lange Zeit salonfähig und auch wissenschaftlicher Konsens. Und besonders befeuerte diese Lehre natürlich den Antisemitismus. Auch einem Juden könne man seine Habgier, seine Heimtücke und andere negative Charakterschwächen buchstäblich an der Nase ansehen.
Es lesen hier bestimmt immer noch einige Leute mit, die denken, dass es schwarze, gelbe, weiße und rote Menschen doch wirklich gibt. Oder dass es doch wohl stimmt, dass man Menschen ihre Blödheit manchmal wirklich im Gesicht ablesen kann. Markus schreibt hier doch bestimmt nur irgendwelchen linksgrünversifften Gutmenschen-Quatsch. Wenn du das vielleicht gerade wirklich gedacht hat, dann muss ich dich wieder einmal zum Weiterlesen zwingen. Geht nicht anders! Wehe, du klickst weg! Denn dass du so etwas gedacht hast, beweist nur, wie lange sich altbewährte Vorurteile, Pseudo-Wissenschaftliche Irrlehren und menschenverachtende Stereotype in den Köpfen der Menschen halten. Deine Aufgabe ist es jetzt, sie aus diesem wieder herauszubekommen, und sie mit wissenschaftlich belegten Fakten verpuffen zu lassen! Also, auf gehts!
Wieso es keine Menschenrassen gibt
Karl von Linné. Bildquelle: Wikipedia. | Der Grund für all diese Missverständnisse ist, dass die meisten Leute keine Ahnung von einer Disziplin haben, die sich Taxonomie nennt. Die ist eine Teildisziplin der Biologie, und sie versucht seit nunmehr rund 270 Jahren, die unglaubliche Vielfalt der Lebewesen auf unserem Planeten in ein verständliches Ordnungssystem zu untergliedern. In der Biologie wird deshalb auch oft von „Systematik“ gesprochen. Und interessant ist, dass diese Disziplin auch ziemlich rassistisch losging. Werfen wir also zunächst einen Blick in die vergangenen Jahrhunderte, als die Menschen allmählich dahinterkamen, woher unsere (Arten-)Vielfalt eigentlich genau herrührt.
Der Begründer der klassischen Biogischen Systematik hieß Carl von Linné (* 1707; †1778) , und der war ein schwedischer Naturforscher. Er war es auch, der sich die binäre Nomenklatur ausdachte, also dass jedes Lebewesen einen Vor- und Nachnamen hat (z.B. Homo sapiens oder auch Tyrannosaurus rex. Von Linné stammen auch die meisten taxonomischen Einteilungen, wie Art, Gattung, Ordnung, Klasse und Reich. Diese stellte er auf, um die enorme Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten zu ordnen. |
Die linnéische Systematik
Wie er das gemacht hat? Nun, kurz zur Erklärung am Beispiel an uns Menschen. Stell dir einmal einen großen Schrank mit zwei großen Türen vor. Hinter diesen Türen liegen auf beiden Seiten des Schrankes mehrere Schubfächer. In den Schubfächern sind wiederum Boxen untergebracht, und in jeder Box viele, viele einzelne Umschläge. Jeder Umschlag enthält auch wiederum mehrere Dokumente. Und jedes einzelne dieser Dokumente repräsentiert eine Art, also eine Spezies von Tieren, Pflanzen, Pilzen oder was auch im Mikrokosmos alles so vor sich hin lebt.
Reiche, Klassen, Ordnungen, Gattungen und Arten
Karl von Linné hatte im 18. Jahrundert natürlich noch keine Ahnung vom Mikrokosmos und wusste auch nicht, dass Pilze eine eigene systematische Gruppe bilden – bzw. dass wir Menschen mit dem Fliegenpilz oder auch der Hefe in unserem Bier enger verwandt sind, als die Pilze mit den Pflanzen. Deshalb hat Linnés Systematikschrank zu beginn auch nur zwei große Türen. Sie repräsentieren die beiden großen Reiche, nämlich Tiere (Animales) und Pflanzen (Plantae). Die Pilze rechnete Linné seinerzeit also noch zu den Pflanzen. Es lebe der Fortschritt!
Machen wir also auch gleich weiter: Die Schubladen in Linnés Schrank stellen die nächste systematische Einheit dar, nämlich die Klassen. Bei den Tieren unterschied Linné davon insgesamt sechs: Die Würmer (Vermes), Insekten (Insecta), Fische (Pisces), Amphibien (Amphibia), Vögel (Aves) und die Säugetiere (Mammalia). Auch die Klassen sind im Laufe der Jahrhunderte stark erweitert worden.
Ziehen wir unsere eigene Schublade, die der Säugetiere auf, so finden wir darin wiederum sieben Boxen. Jede dieser Boxen symbolisiert eine Ordnung. Linné teilte die Säugetiere seinerzeit in sieben Ordnungen ein: Die Unpaarhufer (Bruta), Huftiere (Pecora), Beuteltiere (Marsupialia), Hasenartige (Glires), Raubtiere (Ferae), Nagetiere (Bestiae) und die Herrentiere (Primates). Auch diese Ordnung der Ordnungen wurde im Laufe der Zeit mehrfach überarbeitet und erweitert.
In die letzte Box, die der Primaten, müssten wir nun schauen, um darin unseren eigenen Umschlag, also unsere Gattung mit dem Namen Homo zu finden. An der Definition der Gattung hat sich seit Linné aber nur wenig verändert, auch wenn natürlich viele Genera heute anders klassifiziert werden. Der Mensch ist seiner Gattung Homo aber bislang treu geblieben.
Das linnéische System: Von Anfang an rassistisch!
Diese Gattung beinhaltete zu Linnés Zeiten allerdings noch vier Dokumente, also Arten. Wie kann das sein? Nun, auch Linné unterlag seinerzeit noch dem rassistischen Zeitgeist, weshalb er die Menschen zunächst in Europäer (Homo europaeus), Afrikaner (Homo africanus), Asiaten (Homo asiaticus) und in Amerikaner (Homo americanus) aufteilte. Erst 23 Jahre später fasste Linné den Menschen unter der heute noch gebräuchlichen Artbezeichnung Homo sapiens zusammen, behielt seine rassistische Aufteilung in Weiße (Homo sapiens europaeus / albus); Schwarze (Homo sapiens africanus / niger), „Leichenblasse“ (Homo sapiens asiaticus / luridus) und Rote (Homo sapiens americanus / rufus) bei.
Die linnéische Systematik heute
Die linnéische Systematik findet heute meist nur noch bei Berufsfeldern Anwendung, die sich konkret mit einer ganz bestimmten „Schublade“ oder „Box“ befassen. Für Angler, Jäger oder Vogelkundler ist sie nach wie vor ein sinnvolles Ordnungssystem. Auf biologischer Ebene hat die linnéische Systematik aber inzwischen ausgedient. Wir wissen heute, dass die Ähnlichkeit zwischen verschiedenen Lebewesen nicht darauf beruht, dass Gott seine Geschöpfe bloß nach einem bestimmten Ordnungsprinzip geschaffen hat, dass Linné dann zufällig entdeckte. Nein, die Ähnlichkeiten hängen, wie wir heute wissen, mit der phylogenetischen Verwandtschaft zusammen!
Die erst lange nach Linné vorgestellte Evolutionstheorie hat dazu geführt, dass das linnéische System in der Biologie nach und nach Probleme bekam. Als immer mehr Tierarten und Verwandtschaftsmuster entdeckt wurden, war man allerdings zunächst eifrig bemüht, es doch noch irgendwie zu retten. Viele Naturforscher, wie Pierre Magnol, Michel Adanson ,Ernst Haeckel und Carl R. Woese führten nach und nach immer weitere Kategorien ein, wie die Familie, den Stamm, die Domäne oder die Tribus. Später kamen dann noch viele weitere Unter- und Überkategorien dazu, welche die Verwandtschaftsverhältnisse aber immer ungenauer abzubilden imstande waren. In noch deutlich umfangreicheren Maße wuchs auch die Anzahl der unterschiedenen Einheiten exponentiell an, was zu einer immer größeren Unübersichtlichkeit und auch Unverhältnismäßigkeit führte. Die Klasse der Insekten steht taxonomisch schließlich immer noch gleichrangig mit anderen Klassen, wie z.B. die der Säugetiere, obwohl es beinahe eine Million unterschiedliche Insektenarten gibt, aber nur etwas mehr als 6.500 Säugetiere.
Die moderne Taxonomie
Dies führte dazu, dass die linnéische Systematik modernisiert wurde. Statt eines „Schranksystems“ verwenden Biologen heute lieber das Systems eines aufgefächerten Stammbaums, wobei meist nur noch die beiden linnéischen Rangstufen Gattung und Art auftauchen. Diese beiden lassen sich – wenn auch mit einigen Ausnahmen – auch mit schlüssigen Kriterien definieren. Da es aber für die höheren Ränge, wie Familie, Ordnung, Klasse, Stamm und Reich nur willkürliche Kriterien gibt, treten diese in der modernen Taxonomie spürbar in den Hintergrund und in systematischen Stammtafeln nur noch sehr selten überhaupt auf. Hier siehst du, was es damit auf sich hat, wieder am Beispiel von uns Menschen (Homo sapiens):
Moderne Kladistik
Mithilfe eines solchen taxonomischen Baumes lassen sich die Verwandtschaftsverhältnisse ganzer Gruppen von Lebewesen (äußere Systematik), aber auch innerhalb einer solchen Gruppe (innere Systematik) sehr gut und detailliert abbilden. Die moderne Kladistik folgt dabei dem Deszendenzprinzip von Charles Darwin: Alle Lebewesen stammen von einem einzigen gemeinsamen Vorfahren ab. An bestimmten Punkten in der Erdgeschichte spalteten sich die Entwicklungslinien der Lebewesen auf, sodass immer wieder neue „Zweige“ im Baum entstanden. Die Verbindungspunkte dieser Zweige markieren also umgekehrt wiederum den Punkt, wo zwei getrennte Linien zusammenliefen, und wo der letzte gemeinsame Vorfahre dieser beiden Linien lebte. Somit kann das Kladogramm auch auf einen Zeitstrahl übertragen werden, sofern den Forschern bekannt ist, wann die letzten gemeinsamen Vorfahren zweier Linien lebten. Dies können sie einerseits durch direkte Fossilnachweise („Mosaikformen“, also Lebewesen, die Merkmale von mehreren heute lebenden Formen aufweisen) herausfinden, andererseits aber heute auch ganz modern mithilfe der „Molekulargenetischen Uhr“, also bei der Genanalyse.
Natürlich hat es auch für die verschiedenen Merkmale des Menschen, die heute unsere ethnische Vielfalt prägen, solche Entwicklungspunkte gegeben. Auch die unterschiedlichen Haut-, Haar- und Augenformen, die Statur des Körpers, die Form von Nase und Gesicht und auch alle anderen äußeren Charakteristika sind das Produkt von evolutionären Veränderungen und Anpassungen. Aber wieso können wir die Menschen dann nicht auch einfach kladistisch anordnen? Wieso lassen wir uns nicht auch in ein linnéisches Schubladensystem bringen, oder wenigstens in einen hübschen Kladistischen Stammbaum? Wäre das Kriterium „Rasse“ also nicht auch biologisch begründbar?
Grund 1: Der Begriff „Rasse“ ist nicht definiert!
Das erste Argument gegen all diese Fragen ist wirklich sehr banal. Der Begriff „Rasse“ taucht in der Taxonomie gar nicht auf! Eine Schublade namens „Rasse“ gibt es schlichtweg nicht, und auch einen kladistischen Zweig kann man so nicht definieren. Biologen verwenden diesen Begriff eigentlich nie. Er ist nämlich kein Kriterium, nachdem man irgendetwas unterscheiden, geschweige denn ordnen könnte. Lediglich in der Zucht von Nutztieren oder von Obst und Gemüse kann man mal von Rassen sprechen. Ein Chihuahua ist z.B. eine andere Rasse als ein Schäferhund, ein Pink Lady eine andere Rasse als ein Boskoop. Biologisch gesehen gehören beide Hunde aber zur Art Canis lupus, die Äpfel zu Malus domestica.
Die Regeln der zoologischen Nomenklatur
Zuerst aber einmal etwas Basiswissen zur Nomenklatur: der erste, immer großgeschriebene Teil eines jeden wissenschaftlichen Namens bezeichnet die Gattung (Genus), der zweite, kleingeschriebene die Art (Species). Beide sollten in allen offiziellen Dokumenten außerdem immer kursiv geschrieben werden. Man kann Arten aber auch noch weiter untergliedern. Besonders bei Hunden und Äpfeln ergibt das schon Sinn, um sie von ihren Stammformen (Wölfen und Wildäpfel) abzugrenzen. Denn der Mensch züchtet beide bereits seit Jahrtausenden, sodass sich erhebliche morphologische Unterschiede, also im Körperbau, der Größe oder im Geschmack, ergeben haben. Letzteres natürlich nur bei Äpfeln; ob Hunde anders als Wölfe schmecken, mag ich nicht zu sagen und will ich auch gar nicht wissen!
Die weitere Untergliederung wird dann als Unterart (Subspecies) bezeichnet. In der Nomenklatur hängt man dann noch einen dritten Namen an den Artnamen mit dran: Canis lupus lupus ist der Wolf, Canis lupus familiaris der Hund. Aber eine weitere wissenschaftliche Unterteilung, z.B. in Dackel, Chihuahua oder Schäferhund, gibt es in der biologischen Systematik schlichtweg nicht! Rassen werden nicht biologisch, sondern über sogenannte Rassenstandards definiert. Diese Rassestandards gelten allerdings auch nicht einheitlich. Es gibt mehrere Dachverbände, in denen die Hunderassen geführt werden, wie die Fédération Cynologique Internationale (Belgien), den Kennel Club (Großbritannien) sowie den amerikanischen und kanadischen Kennel Club. Diese vier größten Dachverbände arbeiten weitestgehend zusammen und erkennen ihre jeweiligen Standards auch gegenseitig an. Trotzdem gibt es keine biologischen Unterscheidungskriterien, die einen Dackel von einem Schäferhund trennen, auch wenn die Unterschiede für uns offensichtlich sein mögen.
Was sind eigentlich „Gattungen“, „Arten“ und „Unterarten“?
Für die Begriffe Gattung und Art gibt es dagegen mehr oder weniger feste biologische Definitionen. Der Begriff Gattung umschreibt eine Gruppe von Individuen, von denen sich alle männlichen und weiblichen Vertreter miteinander fortpflanzen können. Ist dieser Nachwuchs nun auch selber fortpflanzungsfähig, gehören die Vater, Mutter und Kind auch der gleichen Art an. Pferde und Esel gehören somit beide zwar zu der gleichen Gattung, weil sie miteinander Nachkommen (Maultiere und Maulesel) zeugen können. Sie sind allerdings unterschiedliche Arten, weil Maulesel und Maultiere selbst in der Regel unfruchtbar sind. Soweit die Theorie.
Ernst Mayr. Bildquelle: Wikipedia. |
Bei der Definition einer Unterart wird es allerdings schon schwieriger. Der deutsch-amerikanische Biologe Ernst Mayr definierte die Unterart 1969 z.B. noch so:
„Eine Subspezies ist die Zusammenfassung phänotypisch ähnlicher Populationen einer Art, die ein geographisches Teilgebiet des Areals der Art bewohnen und sich taxonomisch von anderen Populationen der Art unterscheiden.“ Das ist allerdings ziemlich schwammig und willkürlich. Und tatsächlich ist eine weitere Unterteilung einer Art biologisch natürlich nicht weiter objektivierbar, sondern beruht auf Konvention. Mayr ergänzte deshalb schon selbst: „Im Hinblick auf die vielen Fälle falscher Benutzung des Terminus muss betont werden, dass die Unterart eine von der Art grundverschiedene Kategorie darstellt. Es gibt kein Kriterium zur Definition der Kategorie Subspezies, das nicht künstlich wäre. Die Unterart ist auch keine Evolutionseinheit – es sei denn sie stellt zugleich ein geographisches Isolat dar.“ |
Wieso so, und warum geht nicht auch Rasse?
Das bedeutet jetzt aber natürlich nicht, dass es z.B. zwischen Hunden und Wölfe keine signifikanten Unterschiede gäbe. Die gibt es selbstverständlich! Es ist aber oft umstritten, ob die objektiven Unterschiede für die Definition einer Unterart überhaupt ausreichend sind. Viele Fachleute ziehen es deshalb vor, nur den Begriff Population zu verwenden.
Der Begriff „Unterart“ ist somit definitiv nicht mit dem Begriff „Rasse“ gleichzusetzen, und darf auch nicht so verstanden werden. Eine Unterart entsteht schließlich durch ganz natürliche Bedingungen, wenn sich zwei Populationen einer Spezies an unterschiedliche Umweltbedingungen anpassen und allmählich auseinander entwickeln. Dieser Prozess vollzieht sich sehr langsam, über viele Generationen hinweg. Und er ist es, der letztendlich auch überhaupt erst dazu führt, dass irgendwann neue Arten, Gattungen, ja ganz neue Familienzweige innerhalb der Artenvielfalt entstehen. Die an ihre Umwelt besonders gut angepassten Individuen pflanzen sich häufiger fort, und geben so ihr Erbgut zu größeren Teilen an die nächste Generation weiter. So funktioniert Evolution!
Rassen sind etwas Künstliches. Die Menschliche Vielfalt jedoch nicht!
Beim Begriff „Rasse“ hat jedoch der Mensch selbst die Zügel in die Hand genommen. Durch Zuchtauswahl schafft er künstliche Selektionsbedingungen, ganz nach den Merkmalen, die er selber verstärken möchte. Das geht natürlich auch deutlich schneller. Hier muss die Natur nicht erst warten, bis sich irgendwelche Lebensbedingungen ändern. Tiere und Pflanzen mit nicht gewünschten Eigenschaften werden vom Menschen einfach nicht mehr zur Vermehrung gebracht.
Du erkennst nun sicherlich, was für ein widerwärtiges Gedankengut hinter dem Begriff „Rasse“ steckt, wenn man ihn auf Menschen bezieht. Wer damit Menschen meint, setzt sie – aber natürlich nur die „minderwertigen Rassen“, auf eine Stufe mit Nutzvieh. Und das kommt nicht von Ungefähr, wurde dieser Begriff doch überhaupt erst so ausgelegt, damit man besonders Dunkelhäutige kaum anders behandeln konnte als Tiere, sie verschleppte, sie ausbeutete und sie versklavte. Zur Zeit von Karl von Linné war diese Ausbeutung längst gängige Praxis. Es verwundert also kaum, dass Rassismus in der Anfangszeit der biologischen Systematik noch einen wichtigen Raum einnahm. Dadurch, dass wir diese Systematik nun aber sehr viel besser verstehen, können wir sie heute sogar als eines der wichtigsten Gegenargumente verwenden, um die Rassentheorie zu widerlegen!
Grund 2: Es gibt nicht genug Unterschiede zwischen den Menschen!
Warum der Begriff „Rasse“ schon per biologischer Definition ausscheidet, haben wir damit geklärt. Aber gibt dann vielleicht weiteren menschliche Unterarten? Könnte man Schwarze, Gelbe, Rote und Weiße nicht einfach als Unterarten definieren?
Die Antwort ist eigentlich auch wieder ziemlich banal: nein. Weil es diese Unterschiede nämlich gar nicht gibt! Klar sieht ein Mensch aus Ghana anders aus als einer aus Schweden, jedenfalls dann, wenn seine Familie ursprünglich und schon seit sehr langer Zeit dort lebt. Auf biologisch-genetischer Ebene gibt es diese Unterschiede aber nicht, und nur diese Ebene zählt! Tatsächlich ist eine Gruppe, die aus nur 50 Schimpansen besteht, genetisch bereits deutlich vielfältiger als alle acht Milliarden Menschen auf der ganzen Erde! Der Grund dafür war einer Studie zufolge ein sogenanntes „Flaschenhals-Ereignis“. Vor etwa 74.000 Jahren wurde die Population der gesamten Menschheit auf nur einige tausend Individuen reduziert, wahrscheinlich durch eine schlimme Naturkatastrophe oder eine Seuche. Dies hatte beinahe zufolge, dass wir Menschen komplett ausgestorben wären. Von den wenigen Überlebenden, wahrscheinlich nicht mehr, als eine heutige Kleinstadt Einwohner hat, stammt die gesamte Menschheit ab! Und 74.000 Jahre sind evolutionsgeschichtlich nicht viel.
Die Menschheit: Per se schon sehr gut durchgemischt!
Im Laufe der Menschheitsgeschichte kam es dann auch immer wieder zu Durchmischungen innerhalb der verschiedenen Populationen. Da jeder gesunde Mann mit jeder gesunden Frau ein Baby machen kann, sind jedes Mal, wenn ein Volk irgendwie mal in das Stammgebiet eines anderen kam, auch solche Mischlingsbabys aufgetaucht. Das ist schon von Beginn an der Menschheitsgeschichte so, denn immer wieder gab es Wanderungsbewegungen. Mal vollzogen diese sich über lange Zeiträume ganz allmählich, mal kamen aber auch in relativ kurzer Zeit viele Familien nahezu synchron in neue Gebiete.
Seit der Domestikation des Pferdes vollzogen sich die Durchmischungen der Populationen dann oftmals geradezu rasant. Vor allem weitreisende Händlern und neugierige Entdeckern brachten ihr Erbgut an die entlegendsten Winkel der dem Menschen bekannten Welt. Aber auch infolge von Kriegen und Eroberungen brachten immer wieder fremde Völker ihre Gene in andere Populationen mit ein. Auf genetischer Basis sind wir Menschen uns alle deshalb extrem ähnlich, trotz der scheinbaren äußeren Unterschiede. Und jeder von uns hat zumindest ein paar Vorfahren aus Regionen und Volksgruppen, mit denen er selbst niemals rechnen würde!
Vielfalt und Pluralismus
Christophe Lemaitre. Bildquelle: Wikipedia.
Usain Bolt. Bildquelle: Wikipedia. |
Das bedeutet jedoch nicht, dass es überhaupt keine Unterschiede gäbe und wir alle biologisch absolut gleich wären. Natürlich gibt es die! Schon beim Leistungssport fällt auf, dass Menschen mit einer bestimmten Herkunft in gewissen Disziplinen gewisse Vorteile genießen. Tatsächlich dominieren Menschen aus ostafrikanischen Herkunftsländern, oder deren Vorfahren vor dort kamen, bereits seit Jahrzehnten die Olympischen Spiele beim Kurz- und Langstreckenlauf. Unter den 70 Athleten, welche die 100m unter 10 Sekunden geschafft haben, gibt es nur einen einzigen weißen Europäer (Christophe Lemaitre). Alle anderen Läufer in dieser Leistungselite sind dunkelhäutig.
Woran das liegt? Das ist ziemlich umstritten. Bei manchen Völkern Ostafrikas liegt einer Studie zufolge der Körperschwerpunkt höher, weshalb sie beim Sprint und Ausdauerlauf einen Vorteil genießen, allerdings beim Schwimmen wiederum Nachteile hätten. Andere Experten wie Gavin Evans verurteilen solche Studien jedoch wiederum als rassistisch. Sie argumentieren, dass die wirtschaftliche Lage in den ostafrikanischen Staaten prekär sei, und dass ein hartes Training und eine extreme Wettkampfdisziplin für die Menschen dort eine der wenigen Chancen seien, aus dem sozialen Elend zu entkommen. Dies erkläre den athletischen Vorteil ebenfalls. Der schnellste Läufer aller Zeiten und Weltrekordhalter Usain Bolt entstammt allerdings der Jamaikanischen Mittelschicht. Der soziale Faktor mag also wohl nur als ein weiterer neben den biologisch-genetischen rangieren, was man natürlich vorsichtig vormulieren muss, solange ein Diskurs noch läuft. Dass es trotzdem Unterschiede zwischen den Menschen gibt, und dass in bestimmten Völkern gehäuft gewissen Eigenschaften auftreten, kann man jedoch nicht leugnen. Da der Stoffwechsel der Menschen weltweit von ihren Genen gesteuert wird, treten bei bestimmten Bevölkerungsgruppen gewisse Krankheiten häufiger auf. Außerdem vertragen sie auch Medikamente unterschiedlich, und das hängt oft ebenfalls mit ihrer Herkunft zusammen. |
Medizinisch-Biologische Unterschiede innerhalb der Ethnien
Beispielsweise haben Afroamerikaner nach einigen Schätzungen eine zweifach höhere Inzidenz von tödlichen Herzinfarkten und eine um 10% höhere Inzidenz von Krebs als europäischstämmige Amerikaner. In Südasien oder in der Karibik geborene Briten haben ein mehr als dreimal höheres Sterberisiko als direkte Folge von Diabetes als Briten europäischer Abstammung. Das Herzmedikament BiDil, das den Körper mit mehr Stickstoffmonoxid versorgt und die Blutgefäße weitet, wirkt offenbar nur bei schwarzen Patienten, nicht aber bei hellhäutigen.
Auch die Vertäglichkeit von Milchprodukten ist ein gutes Beispiel. Die verdanken die meisten Europäer, West- und Mittelasiaten einer genetischen Mutation, die vor etwa 8.000 Jahren erstmalig auftrat und sie in die Lage versetzte, das Enzym Laktase auch noch nach der Stillzeit zu bilden. Bei den meisten Menschen südlich der Sahara, aber auch in Ostasien und bei den Urvölkern Australiens und Amerikas hat sich diese Mutation jedoch nicht durchgesetzt, und die bekommen als Erwachsene von Frischmilch ganz schlimme Bauchschmerzen. Ein letztes Beispiel: Tibeter haben einer Studie zufolge im Verhältnis größere Lungen und können den Sauerstoff auch unter hohem Partialdruck aus der Atmosphäre aufnehmen, was ebenfalls ein Ergebnis natürlicher Auslese ist.
Manchmal ergibt es also schon Sinn, Menschen aufgrund ihrer äußeren bzw. genetischen Unterschiede unterschiedlich zu behandeln. Aber das sind trotzdem weitestgehend Ausnahmen. Alle Menschen auf der Welt unterscheiden sich in weniger als 0,1 Prozent ihres Erbguts. Allerdings findet man den Großteil dieser Unterschiede (etwa 90%!) nicht etwa zwischen, sondern innerhalb der verschiedenen ethnischen Gruppen von Afrika, Asien und Europa!
Grund 3: Die Hautfarbe ist kein Kriterium für Verwandtschaft!
Tatsächlich sollte ein weißer Mitteleuropäer auf genetischer Basis einem schwarzen Menschen in Ostafrika genetisch näher stehen, als der Ostafrikaner anderen dunkelhäutigen Menschen aus Westafrika. Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten bei der Hautfarbe haben sich nämlich sehr oft konvergent entwickelt und sind oft überhaupt gar kein Merkmal einer gemeinsamen Abstammung. Schließlich unterliegt die Hautfarbe einem starken Selektionsdruck. Eine dunkle Haut schützt besser vor hoher UV-Belastung, deshalb sind die Menschen dunkler, je näher sie am Äquator leben. Und das muss nicht zwangsläufig mit einer engen Verwandtschaft einhergehen. Dies konnte durch mehrere Studien belegt werden.
Gibt es eine schwarze Rasse?
Es ist somit völliger Schwachsinn, eine „Rasse“ bzw. „Unterart der Schwarzen“ aufzustellen. Das klappt noch nicht einmal regional. Denn tatsächlich ist die genetische, kulturelle, sprachliche, sozio-ökonomische und religiöse Vielfalt der Menschen nirgendwo so hoch wie in Afrika, wie eine Studie belegt! Heißt im Klartext: Viele dunkelhäutige Volksgruppen sind überhaupt nicht eng miteinander verwandt und haben sogar weniger miteinander zu tun, als manche von ihnen mit uns Weißen in Deutschland!
Dunkelhäutige gibt es überall auf der Welt!
Tatsächlich stehen die afrikanischen Stammethnien aus Ostafrika allen anderen Menschen auf der Welt, egal ob aus Europa, Asien, Amerika oder sogar Australien (Aborigines) verwandtschaftlich deutlich näher, als anderen „Schwarzen“, die in Süd- oder vor allem Westafrika leben. Und auch in Indien und Südostasien gibt es viele dunkelhäutige Volksgruppen, die aber nichts mit denen in Afrika zu tun haben.
Sogar die heute ausgerotteten Ureinwohner von Tasmanien waren kohlrabenschwarz, und die stammen von den deutlich „blasseren“ Aborigines in Australien ab. Und ratet mal, wer und warum man diese Menschen ausgerottet hat. Ganz richtig: Das waren die weißen Kolonialherren, weil man die Tasmanier als „Rasse von Wilden“ betrachtete. In unfassbarer Brutalität wurden Anfang des 19. Jahrhunderts sogar Menschenjagten abgehalten. Krankheiten, Depressionen und Alkoholismus töteten den Rest. Ein noch gar nicht lang zurückliegender Genozid, der sich aus rassistischen Gründen vollzog.
Gibt es eine asiatische Rasse?
Aber zurück zu unseren Völkern, die Karl von Linné sonst noch so gerne auf eigene Kärtchen schreiben wollte. Machen wir bei den Asiaten weiter, wird es schnell ziemlich unübersichtlich. Gibt es eine asiatische Rasse? Nein, auch nicht. Es gibt natürlich gemeinsame Merkmale, wie etwa die mandelförmigen Augen (Epikanthus medialis). Doch es ist genauso absurd, daraus eine Rasse abzuleiten, wie z.B. aufgrund von Augenfarben oder der Strukturdes Haars. Genauso wenig, wie es eine Rasse der Lockenköpfe gibt, gibt es eine Rasse der Asiaten. Die Mandelaugen sind einfach nur ein Körpermerkmal, dass sich in bestimmten Populationen häufiger durchgesetzt hat.
In Asien fanden selbst in der „jüngeren“ Menschheitsgeschichte, z.B. in der Völkerwanderungszeit, aber auch noch später, als die Normannen die Kiewer Rus errichteten, oder als Dschingis Khan mit seinen Mongolen nach Westen zog, immer wieder Durchmischungen statt. Wahrscheinlich haben sogar viele heute lebende Europäer, vielleicht sogar ich selbst den einen oder anderen Tropfen mongolisches Blut in ihren Adern. Bin ich deshalb Asiate? Nein. Ich bin Mensch!
Mandelaugen sind gemeinsames Merkmal ALLER Menschen.
Noch einmal zurück zu den Mandelaugen: die sind nämlich eigentlich ein Merkmal aller Menschen. Auch du und ich hatten im Mutterleib nämlich noch mandelförmige Augen. Bei den meisten Menschen verschwindet dieses Merkmal aber, wenn sich die Nasenbrücke bildet. Aufgrund einer Mutation bleibt es bei asiatisch-stämmigen Menschen aber oft erhalten. Einer Theorie nach wurde diese Augenform als Anpassung an die UV-Einstrahlung in nördlichen Breiten bei der natürlichen Selektion bevorzugt. Allerdings nicht bei allen Asiaten! Unter den fast 1,4 Milliarden Chinesen gibt es viele Millionen (!) Menschen, die überhaupt keine Mandelaugen haben. Und sie können durchaus auch bei Europäern und Afrikanern vorkommen!
Besonders eng verwandt sind alle asiatischen „Mandelaugen“ also gar nicht. Geschweige denn, dass sie ihre genetischen Merkmale ganz allein trügen. Oder dass alle Mitglieder einer „asiatischen Rasse“ sie hätten.
Gibr es eine amerikanische Rasse?
Schon allein aus dem letzten Punkt wird die Frage nach den Native Americans als eigene Rasse obsolut. Die amerikanischen Ureinwohner stammen schließlich auch alle von Menschen aus Asien ab. Aber sie haben z.B. die Mandelaugen wiederum (meistens!) nich. Auch die amerikanischen Ureinwohner sind als Population viel zu divers, um eine eigene „Rasse“ zu bilden. Und sie haben auch keine rötliche Haut, was ein wirklich dummes Vorurteil ist. Die Hauttönungen der Native Americans varieren wohl mehr als die der Menschen auf allen anderen Kontinenten. Wir müssten also eher rot werden, weil wir uns für diese rassistische Diffamierung mal ordentlich schämen sollten!
Gibt es eine weiße Rasse?
So, jetzt aber mal zur Kardinalfrage, die sich wahrscheinlich der Großteil meiner Leser stellen muss. Und auch ich selber. Gehören wir denn nun zu einer eigenen Rasse? Gibt es etwas, dass uns ganz klar von anderen Ethnien abhebt? Na gut, ich sehe schon aus wie ein „typischer“ Europäer, mit meinen blaugrauen Augen und dem braunen, glatten Haar. Beides kommt vor allem in Europa vor. Also, bin ich nun ein Paradebeispiel der europäischen Rasse? Kann und soll ich darauf etwa auch noch stolz sein? |
Nein. Denn auch wir Europäer, von denen sich viele sogar noch heute gerne als die „Herrenrasse“ betrachten, bilden keine verwandtschaftliche Einheit. Europa wurde schließlich in mehreren Wellen besiedelt. Unsere Vorfahren kamen zuerst auch aus Afrika, und noch bis vor etwa 7.000 Jahren waren alle Homo sapiens in Europa wahrscheinlich dunkelhäutig. Zum Vergleich: die blauen Augen, die u.a. von Adolf Hitler als Ideal seiner „arischen Rasse“ verklärt wurden, traten einer Studie zufolge bereits deutlich früher auf! Funde aus Spanien belegen z.B., dass die einstigen europäischen Ureinwohner dort braunhaarig, blauäugig und dunkelhäutig waren.
Weiße Haut ist also kein Herkunfts- sondern ein Anpassungsmerkmal…
Dass sich die helle Hautfarbe überhaupt durchgesetzt hat, ist ein Phänomen der Mittelsteinzeit und geht wohl auf die Sesshaftwerdung zurück. Grund war dabei ein ganz bestimmtes Vitamin. Vitamin D ist nämlich dass einzige Vitamin, dass der Mensch nicht nur über seine Ernährung aufnehmen, sondern auch selbst synthetisieren kann. Das schaffen wir allein mithilfe der UV-Strahlung der Sonne. In nördlicheren Breiten funktioniert die Vitamin-D-Synthese allerdings nur von Ende März bis Ende September relativ problemlos. In der dunklen Jahreszeit müssen wir das Vitamin D zusätzlich durch unsere Ernährung decken und mehr Fisch und Fleisch zu uns nehmen.
Als im Mesolithikum aber nun mehr und mehr pflanzliche Nahrung auf den Tisch kam und die Menschen auch wegen des immer feuchter werdenden Klimas mehr Zeit unter ihren Dächern verbrachten, bekamen sie in höheren Breiten allmählich ein Problem, ihren Vitamin-D-Bedarf über das Jahr ausreichend zu decken. Die Haut musste heller werden, um in den sonnenreichen Monaten genug Vitamin D bilden zu können, um Mangelerscheinungen und Krankheiten vorzubeugen.
Auch eine sexuelle Selektion kann nicht ausgeschlossen werden. Eine hellere Hautfarbe kann damals durchaus als Schönheitsideal gegolten haben, auch das wurde bereits in einer Studie untersucht. Menschen mit einem natürlicherweise helleren Teint hatten nun einen Selektionsvorteil gegenüber dunkleren Zeitgenossen, da ihre Haut mehr Sonnenlicht aufnehmen konnte. Sie wurden seltener krank und galten bei ihren Zeitgenossen (vielleicht auch deshalb!) als attraktiver. Die genetische Grundlage für ihre helle Haut brachten sie aber schon aus Afrika mit. Auch dort gibt es nämlich durchaus hellhäutige Völker, wie z.B. die San. Vielleicht ist das Weiß aber auch ein Erbe, das wir von unseren Neandertaler-Vorfahren erhalten haben.
… und es gibt und gab sie überall im Norden!
Die helle Haut haben aber alle möglichen Ethnien unabhängig voneinander entwickelt. Auch die Nordasiaten sind (relativ) hellhäutig, genauso wie die Urvölker Nordamerikas. Sogar die Neandertaler Europas waren wahrscheinlich heller als ihre Artgenossen aus dem Südiran oder aus Indien, genau wie das heute noch bei uns modernen Menschen der Fall ist. Die Hautfarbe verkündet also keine gemeinsame Herkunft, sondern trat bei vielen Entwicklungslinien immer wieder mal als Anpassungsmerkmal auf.
Die Rassenlehre ist somit heute klar widerlegt und hat keinen, nicht den geringsten Haltepunkt in den Naturwissenschaften. Sie ist lediglich ein gemeines Konstrukt einer ausbeuterischen und menschenverachtenden Ideologie!
Grund 4: Auch unter Frühmenschen gibt es keine Unterarten von Homo sapiens!
Unterarten, die man aufgrund von Hautfarben oder anderen Körpermerkmalen definieren könnte, gibt es also nicht. Und „Rassen“ schon gar nicht! Wie ist es aber mit heute ausgestorbenen Menschengruppen? Die bildeten doch sehr wohl eine geographische Einheit. Und sie waren auch morphologisch und vor allem genetisch einzigartig genug, um sie von uns abzugrenzen!
Ja, stimmt. Und deshalb tun wir das auch! Diese Frühmenschen werden dem Homo sapiens als weitere, eigene Arten innerhalb der Gattung Homo gegenübergestellt. Diese Gattung entwickelte sich wahrscheinlich vor etwa 2,4 Millionen Jahren in Ostafrika. Insgesamt werden derzeit elf (!) verschiedene Arten der Gattung Homo anerkannt. Es gibt auch viele weitere Diskussionen über zusätzliche Arten oder zumindest Unterarten, insbesondere bei der extrem weit verbreiteten Art Homo erectus. Die derzeit gültigen heißen:
- 1) Homo sapiens
- 2) †Homo antecessor
- 3) †Homo erectus
- 4) †Homo ergaster
- 5) †Homo floresiensis
- 6) †Homo habilis
- 7) †Homo heidelbergensis
- 8) †Homo longi
- 9) †Homo luzonensis
- 10) †Homo rudolfensis
- 11) †Homo naledi
- 12) †Homo neanderthalensis
Ein Neandertaler. Foto aufgenommen im Neanderthal Museum Mettmann. |
Neandertaler, Denisovaner und andere Frühmenschen sind keine Rassen!Aber der Neandertaler und wir, also der Homo sapiens, haben doch miteinander Nachkommen gehabt. Das belegen doch genetische Untersuchungen: Wir alle, also wir Menschen aus Mitteleuropa, tragen noch heute einen Teil Neandertaler-DNS in uns. Müssen die Neandertaler dann nicht zur gleichen Art gehören? Ist der Neandertaer deshalb nicht eine Unterart vom Homo sapiens? Und könnte man die dann nicht auch „Rasse“ nennen? Ja, auch das stimmt. Deshalb ist die These, der ich hier folge, auch nicht unumstritten. Es gibt nicht wenige Anthropologen, die den Neandertaler tatsächlich als eine eigene Unterart von Homo sapiens führen, als Homo sapiens neanderthalensis. Wir modernen Menschen wären demnach die Unterart Homo sapiens sapiens. |
DNS-Helix. Bildquelle: Wikipedia. |
War der Neandertaler wirklich eine Unterart von Homo sapiens?Es gibt jedoch sehr viele Hinweise darauf, dass Neandertaler und Homo sapiens nicht uneingeschränkt miteinander kreuzbar waren. Es war wahrscheinlich so, dass nur ein Geschlecht der Nachkommen, wahrscheinlich die Mädchen, selber wieder fortpflanzungsfähig war. Die männlichen Hybriden waren wahrscheinlich steril. Dies wäre dann sehr wohl ein Argument, die Neandertaler als eigene Art zu definieren. Darauf wies bereits 2016 eine Studie von Fernando Mendez von der Universität Stanford und seinen Kollegen hin. Alle Gene, die wir von Neandertalern geerbt haben, werden ausschließlich über das X-Chromosom vererbt. Das männliche Y-Chromosom des Neandertalers ist hingegen komplett ausgestorben. Somit haben wir alle nur weibliche Neandertaler-Gene! Der Neandertaler ist ziemlich rasch verschwunden, ziemlich genau zu der Zeit, als sich Homo sapiens vor etwa 40.000 Jahren in seinem Lebensraum breit machte. Früher wurde dafür oft irgendeine Überlegenheit des Homo sapiens als Ursache angenommen. Das ist jedoch auch ziemlicher Blödsinn, ja sogar wieder eine Form von rassistischer Denke, man wäre irgendwie „etwas besseres“. Tatsächlich war der Neandertaler deutlich besser an die Extreme einer Kaltzeit angepasst als wir, und genau in einer solchen befand sich die Erde gerade, als Homo sapiens nach Europa kam, um zu bleiben. |
Das Verschwinden des Neandertalers – durch sexuelle Selektion?
Viel wahrscheinlicher ist, dass eine schnelle, dem Neandertaler zum Nachteil gereichende Form der sexuellen Selektion zum Verhängnis wurde. Vielleicht war zwar ein Homo sapiens-Mann imstande, eine Neandertalerin zu schwängern, aber Neandertaler-Männer konnten mit Homo sapiens-Frauen keine Nachkommen zeugen. Dies könnte auch in der Anatomie beider Menschenarten begründet liegen: der Schädel eines Neandertalers ist deutlich länglicher und größer als der eines Homo sapiens. Möglicherweise passte also der Kopf eines Neandertaler-Hybriden nicht problemlos durch den engeren Geburtskanal einer Sapiens-Frau. Möglich ist auch, dass nur die Hybriden (Mischlinge) selber fruchtbar waren, wenn der Papa ein Homo sapiens und die Mama eine Neandertalerin war. War der Papa aber ein Neandertaler, konnte ein Hybrid selber keine Kinder bekommen.
Ähnliche genetische Inkompatibilitäten gibt es heute auch bei anderen Säugetier-Hybriden. Pferde, Esel und Zebras, oder auch alle heute lebenden Großkatzen wie Löwen, Tiger, Leoparden, Jaguare und Schneeleoparden, sind mit ihren Verwandten zwar kreuzbar. Die Hybriden sind jedoch oft nicht imstande, selber wieder Nachkommen zu zeugen. In der Natur kommt das natürlich gar nicht erst vor, weil z.B. Löwen und Tiger ganz unterschiedliche Lebensräume bewohnen und auch eine ganz eigene Lebensweise (Rudeltier bzw. Einzelgänger) haben. In Zoos werden diese Hybriden aber gerne gezüchtet, weil besonders Liger oft ungeheuer groß werden. Sie kommen mit Größe und Gewicht sogar an die ausgestorbenen Riesenlöwen Europas und Amerikas (Panthera spelaea und Panthera atrox) heran. Dadurch ziehen sie viele interessierte Besucher an.
Art oder Unterart?
Jedenfalls deutet das schnelle Verschwinden darauf hin, dass der Neandertaler binnen kurzer Zeit vollständig in Homo sapiens aufging. Vielleicht fanden die Neandertalerinnen die dunkelhäutigen Neuankömmlinge auch einfach nur besonders sexy, die Homo sapiens-Frauen konnten jedoch mit den muskelbepackten, aber auch kleineren Neandertaler-Männern nicht viel anfangen. Die genauen Feinheiten der möglichen Kreuzbarkeit und die Gründe des Verschwindens unserer Schwesterspezies müssen aber noch genauer erforscht werden.
Sollte sich die nicht uneingeschränkte Kreuzungsmöglichkeit allerdings einmal direkt belegen lassen, dann wäre dies ein gutes Argument dafür, den Neandertaler in eine eigene Art zu stellen und nicht als Unterart zum Homo sapiens zu klassifizieren, nämlich genau aus dem Grund, aus dem man Löwen und Tiger auch als eigene Arten führt. Stellt sich allerdings eines Tages heraus, dass Neandertaler und Homo sapiens tatsächlich uneingeschränkt Nachwuchs haben konnten, dann wäre die Untergliederung in Unterarten wieder gerechtfertigt und der Neandertaler auch ein Homo sapiens (neanderthalensis). Den Begriff „Rasse“ sollte man hier aber getrost außen vor lassen.
Fazit und Schlusswort
Ich hoffe, nun ist jedem klar, wieso es keine Menschenrassen gibt und der Begriff „Rasse“ mal ganz flott aus unserem Sprachgebrauch zu verschwinden hat, wenn wir damit andere Leute meinen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn die Debatte über die Gesetzestextänderung auch sehr schnell weitergeführt wird und endlich zu einem positiven Ergebnis kommt. Unser Grundgesetz würde damit deutlich präziser und könnte nicht mehr sprachlich missbraucht, bzw. falsch verstanden werden.
Letzten Endes wird diese Grundgesetz-Debatte aber wohl kaum oder sogar keine bestehenden Rassismus-Probleme lösen. Rassismus ist leider zu tief in unserer Gesellschaft verankert. Was wir viel dringender brauchen als neue Gesetzestexte ist in meinen Augen ein deutlich gezielteres Vorgehen der Politik beim Abbau von strukturellem Rassismus. Taten statt Worte! Wir brauchen eine lückenlose Aufklärung von rechtsmotivierten Straftaten, auch und vor allem dann, wenn sie innerhalb unserer Exekutivbehörden stattfinden. Rassismus bei der Polizei oder Bundeswehr gehört ausgeräuchert, die Rädelsführer aus ihren Dienststellen enthoben und unehrenhaft entlassen. Wer mitgelaufen ist, sollte zumindest disziplinarisch belangt werden.
Was aber deutlich dringender ist…
Viel mehr brauchen wir aber bessere Schutz- und Präventionsmaßnahmen gegen Rassismus! Die Regierung muss endlich Geld in die Hand nehmen, um die Gründe für eine Diskriminierung aufgrund von Herkunft und Körpermerkmalen abzubauen. Da kann und sollte man zuerst bei den Kindern und Jugendlichen ansetzen und z.B. gemeinsame Kulturräume und Begegnungsstellen schaffen. Jugendtreffs, Sportvereine, Freizeit- und Aktivprogramme, in denen ein antirassistisches Programm stattfindet. Gemeinsam mit Angehörigen der unterschiedlichsten Ethnien sollten auch Austauschprogramme mit Schulen in Afrika und Asien gefördert werden. Rassismus resultiert oft aus Angst vor dem Fremden, die man nur überwindet, wenn man das Fremde endlich mal kennenlernt!
Und alles, was in diesem Artikel steht, muss unbedingt in die Lehrpläne im Biologie- und Ethikunterricht. Dass der Begriff „Rasse“ allein schon obsolet ist, sollte jeder, jedes Kind, aber auch jeder, der das mal anders gelernt hat, heute unbedingt wissen und auch anderen Menschen so einfach wie es irgendwie geht erklären können. Nur wenn wir intensive Aufklärungsarbeit leisten, haben wir eine Chance, den Rassismus zu einer Randerscheinung in unserer Gesellschaft zu degradieren. Merke also auch dir bitte die folgenden, wissenschaftlich auch stichhaltigen Gründe, warum es keine Rassen gibt:
- Es gibt keine biologische Definition des Begriffs „Rasse“!
- Es gibt nicht genug Unterschiede, sondern vielmehr Gemeinsamkeiten zwischen uns Menschen!
- Die Hautfarbe ist überhaupt kein Kriterium für eine gemeinsame Verwandtschaft!
- Und auch die Frühmenschen waren andere Arten oder auch Unterarten, aber keine Rassen von Menschen!
Rassismus ist eines der wichtigsten Probleme unserer Gesellschaft!
Du verstehst nun sicher, wieso ich am Anfang so harte Worte finden und auch dir den Vorwurf des Rassismus machen zu müssen. Den muss ich mir auch selber immer wieder machen, wenn ich in den Spiegel schaue. Rassismus ist in unserem Alltag allgegenwärtig, unabhängig davon, ob er uns selbst betrifft, oder ob wir ihn (bewusst oder unbewusst) ausüben. Das geht schon bei dummen Bemerkungen zu unseren Kollegen los, bei eigentlich gar nicht bös gemeinten kleinen Witzen. Aber wenn man wegen rassistischen Vorurteilen trotz seiner guten Qualifikationen es deutlich schwerer hat, einen Job, oder auch eine Wohnung zu finden, wenn seine Kinder auf offener Straße mit dem N-Wort betitelt oder sogar regelmäßig verdroschen werden, wenn man von rassistischen Polizisten unter Generalverdacht gestellt wird und in einer Kontrolle gar um seine Gesundheit, ja um sein Leben bangen muss, dann hört der Spaß wohl spätestens auf!
Ich möchte dich bitten, diesen wichtigen Artikel zu teilen, dass er möglichst viele Menschen und ihre Köpfe erreicht. Auch damit kannst du dem Rassismus vielleicht ein kleines bisschen entgegenwirken.
Vielen Dank fürs lesen!
Hier meine anderen Statements:
…gegen Kreationismus
… zur „gendergerechten“ Sprache … zu „Rasse“ und Rassismus |
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